Werwolf Verwandlung – Nur bei Vollmond? – Fragen Sie Dr. Kürbis

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Die Frage:

Lieber Kürbiskönig!

Ich habe vor kurzem auf Tele 5 „American Werewolf“ und auf einem anderen Kanal „Underworld“ gesehen. In einem Film verwandelte sich der Werwolf nur bei Vollmond; im anderen konnten sie sich egal wann verwandeln.

Daher komme ich auf diese Frage: Können sich Werwölfe nur bei Vollmond verwandeln?

Mit freundlichen Grüßen
Artur


Werwolf Verwandlung – die Antwort:

Lieber Artur,

Wir alle kennen das Bild: Langsam ziehen die Wolken am nächtlichen Himmel vorbei, bis sie ein Windhauch plötzlich aufreißen lässt und den Blick auf den Vollmond frei gibt. Durch das plötzliche Licht wird eine schmerzhaft gekrümmte Person sichtbar, die angsterfüllt und voller Entsetzen auf die leuchtende Himmelsscheibe starrt.

Spätestens mit dem Film “The Wolf Man“ mit dem stetig leidenden Larry Talbot hat sich dieses Bild fest ins kollektive Horror Gedächtnis eingebrannt. Aber lieber Artur: Das ist natürlich vollkommener Unsinn! Der Mond hat keinen Einfluss auf die Verwandlung eines Menschen in einen Wolf. Genau genommen bedarf es dazu noch nicht einmal der Nacht. Es gibt Quellen, die davon berichten, dass sich Menschen vollkommen ohne Hilfsmittel in einen Wolf verwandeln können.

„…und verwandelte sich in einen Wolf“

In seinem Roman Satyrikon gibt der römische Dichter Petronius eine Beschreibung solch einer Verwandlung. „Wie ich mich nach ihm umsehe, da hat er sich splitternackt ausgezogen und alle seine Sachen an den Wegrand gelegt. Mir stockte der Atem, ich stand wie erstarrt. Er aber pisste einen Kreis um seine Kleider – und verwandelte sich in einen Wolf. Ich will euch wirklich nicht zum Narren halten, ich lüge nie, und wenn man mir noch soviel Geld bieten würde.“

Den Kreis pisst der besagte Gestaltenwandler um seine Kleider, um diese zu schützen. Er verwandelt sie in Stein, so dass sie nicht entwendet werden können. Wenn ein Werwolf bei seiner Rückkehr seine Kleider nicht wieder findet, so kann er nicht wieder seine menschliche Gestalt annehmen. Ein Umstand der über die Jahrhunderte noch so manchen Werwolf in arge Bedrängnis bringen sollte.


Das Werwolf-Utensil

Aber die Regel ist die freie Verwandlung nicht. Die verbreitetste Art sich in einen Werwolf zu verwandeln, findet in Filmen keine Verwendung. Zumindest ist mir keine bekannt. Aber die Brüder Grimm geben in dem Text “Der Werwolf“ (der in ihrer Sagensammlung enthaltenen ist) eine Beschreibung einer klassischen Werwolf-Verwandlung: „Da hätte der dritte erst recht um sich gesehen, ob die andern auch schliefen, und als solches geglaubt, auf einmal einen Gürtel angelegt und wäre ein Werwolf gewesen, doch sehe ein solcher Werwolf nicht ganz aus wie ein natürlicher Wolf, sondern etwas anders. Darauf wäre er weggelaufen zu einer nahen Wiese, wo gerade ein junges Füllen gegraset, das hätte er angefallen und gefressen mit Haut und Haar. Hernach wäre er zurückgekommen, hätte den Gürtel wieder abgelegt und nun, wie vor, in menschlicher Gestalt dagelegen.“

Die klassische Art sich in einen Werwolf zu verwandeln ist, sich einen Werwolfgürtel anzulegen. Diesen bekommt man meist vom Teufel persönlich ausgehändigt. Oder anderen dämonischen Subjekten. Der berühmte Werwolf Peter Stump (aus Bedburg bei Köln) gesteht, den Werwolfgürtel von einem Succubus bekommen zu haben, mit dem er 20 Jahre sexuell verkehrte. (Diesen Gürtel kann man später zwar nicht im beschriebenem Versteck finden. Das wird aber dadurch erklärt, dass sich der Teufel nur sein Eigentum zurück geholt hätte).

Ein Ring aus Menschenhaut

Allerdings ist laut den volkstümlichen Überlieferungen der Werwolfgürtel nicht die einzige Möglichkeit, Wolfsgestalt anzunehmen. Das gelingt auch, wenn man dreimal durch einen Ring krabbelt, welcher aus der Haut eines Selbstmörders oder Ermordeten hergestellt wurde. Um wieder seine menschliche Gestalt anzunehmen, muss der Werwolf diese Prozedur wiederholen.

Wird ein Werwolf getötet (Silber ist dazu übrigens nicht nötig), nimmt er sofort wieder seine ursprüngliche Gestalt an. Es gibt auch Anekdoten in denen sich der Werwolf zurückverwandelt, wenn man ihm bei seinem richtigen Namen anspricht („Klaus! Hör jetzt mit dem Unsinn auf! Spuck den Arm des Mädchens aus und geh nach Hause. Du weißt genau, dass Du noch Hausaufgaben machen musst!“) oder ihm etwas zu Essen schenkt (Also freiwillig! Vom Werwolf gefressen werden, zählt nicht).

In Skandinavien glaubte man übrigens angeblich, dass spezielle Umstände bei der Geburt jemanden zum Werwolf machen können. Zum Beispiel können sich schwangere Frauen, die durch eine Fohleneihülle (!) kriechen, an einer schmerzfreien Geburt erfreuen. Leider wird das Kind, sobald es erwachsen ist, in der Nacht (kein Vollmond notwendig) zum Werwolf und fällt schwangere Frauen an (Vermutlich während diese gerade in einer Fohleneihülle feststecken).


„…nachdem ich mich nackt ausgezogen,
rieb er mich mit einer Salbe ein“

Im Zuge der zunehmenden Hexenprozesse, werden die Möglichkeiten sich in einen Werwolf zu verwandeln durch neue Möglichkeiten ergänzt, die man direkt der gerade populären Hexenlehre entnimmt. So “gesteht“ der, im berühmten Werwolfprozess von Besançon verurteilte, Werwolf Pierre Burgot, sich mittels einer Salbe zum Werwolf verwandelt zu haben. Dazu muss er natürlich die Kleider ablegen. Nach seiner Rückkehr streicht er sich mit einer weiteren Kräutersalbe ein, welche ihm dann seine menschliche Gestalt zurück gibt.

Er beschreibt: „Wieder unter dem Vorspiegelung, ich solle Geld erhalten, hat Michel vorgeschlagen , mich fähig zu machen, mich mit der größten Schnelligkeit fortzubewegen und nachdem ich mich nackt ausgezogen, rieb er mich mit einer Salbe ein; ich glaubte mich sofort in einen Wolf verwandelt, erschrak über die vier Wolfsfüsse und über die Haare, mit denen ich plötzlich bedeckt war, aber mit der Schnelligkeit des Windes konnte ich forteilen; dies konnte nur mit Hülfe unseres mächtigen Meisters indess geschehen, der bei unseren Ausflügen fortwährend zugegen war, obgleich ich ihn nicht eher erblickte, als bis ich wieder menschliche Form angenommen hatte. Michael machte es ebenso. Wenn wir dann ein oder mehrere Stunden in dieser Verwandlung zugebracht hatten, so rieb uns Michel wieder ein, und schneller als ein Gedanke hatten wir unsere frühere Gestalt. Die Salbe wurde uns von unserem Meister geschenkt.“

Der Lütticher Bischof Erest Bavaro machte es dann noch einmal etwas einfacher, indem er verkündet, dass Hexen auch ganz einfach Menschen in Wölfe verwandeln können.


Fazit:

Werwölfe benötigen keinen Vollmond um sich zu verwandeln. Es muss noch nicht mal Nacht sein. Es gibt zahlreiche Berichte von Werwölfen, die sich nach Belieben verwandeln können. Sonstige gängige Varianten sind die Benutzung eines Werwolfgürtels oder das Einreiben mit einer Zaubersalbe.

Viele der heutigen Werwolf-Vorstellungen wurden erst durch den Erfolg des Filmes “The Wolf Man“ von 1941 etabliert. Der Vollmond gehörte jedoch noch nicht dazu, da der Auslöser der Wolfsverwandlung in diesem Film das Blühen der Wolfsblume ist. Der Vollmond bekommt aber in den Nachfolgefilmen seinen großen Auftritt und gehört fortan zum festen Repertoire der Werwolf Geschichten.

Dein Dr. Kürbis


Du hast auch ein Frage an Dr. Kürbis? Dann schreibe eine Mail an: frage@halloween.de


 

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4 Kommentare

  1. Es gibt auch eine alte Sage aus Ottensen bei Hamburg. Darin hatte ein Bauern genug von der mühseligen Schufterei und dem Leben in ärmlichen Verhältnissen, und ließ sich deshalb mit dem Teufel ein. Als Gegenleistung für ein sorgenfreies Leben musste er sich allerdings jeden Monatsletzten in einen Werwolf verwandeln, und in dieser Gestalt mindestens einen Menschen ins Jenseits befördern. Auch in dieser Sage stand die Verwandlung nicht mit dem Vollmond in Verbindung. Sie wurde mit Hilfe eines umgeschnallten Gürtels vollzogen.

    Herzliche Grüße Anja

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