(The Witches)
1990 | 91 Minuten | FSK 6
Wenn die lieben Kleinen nachts nicht schlafen können, weil sich unter dem Bett die Monster regen, aus der Jacke über dem Stuhl ein böser Clown wird und aus dem knorrigen Baum vor dem Fenster eine alte Hexe… dann kann sich das verängstigte Kind meist darauf verlassen, dass ein sicher wirkendes Erwachsenenteil etwas halbherzig unter dem Bett nachschaut und überzeugend versichert Monster, Hexen und Horrorclowns würde es nicht geben. Und wenn, dann bestimmt nicht hier in der Gegend.
Liebe Kinder, nun kommt die schlechte Nachricht: Hexen gibt es wirklich. Und zwar vermutlich in eurer unmittelbaren Nachbarschaft!
Wenn Du jetzt zum Beispiel diesen Artikel, beim Warten auf dem Bus auf einem dieser hypermodernen Tablets liest, dann schau doch mal verstohlen nach links. Sitzt da vielleicht eine ältere Dame? Mit Handschuhen? Die sich verstohlen die Hände vor die Nase hält und ab und zu am Kopf kratzt, weil die offensichtliche Perücke juckt? Tja… das ist eine Hexe! „Wie?“, sagst Du jetzt. „Das ist doch die Frau Giesenmeier. Die wohnt drei Straßen weiter und bietet mir immer Schokolade an.“ Da siehst Du es: Ich habe doch gesagt, Hexen wohnen in der unmittelbaren Nachbarschaft. Und nun sei mal froh, dass Du die Schokolade nicht angenommen hast, weil deine Eltern Dir beigebracht haben, nichts von Fremden anzunehmen.
Sonst wäre es Dir vermutlich wie Luke ergangen. Der hat auch nicht an Hexen geglaubt. Bis seine Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind. Anschließend zieht er zu seiner Großmutter, die sich unerwarteterweise als eine Art Hexenjägerin entpuppt und sich gut auskennt. Gottseidank. Denn eines Tages muss Luke feststellen, dass in dem Hotel, wo sich die Großmutter eigentlich nur bei einem angenehmen Kuraufenthalt erholen wollte, ein Hexenkongress statt findet. In dessen Mittelpunkt steht nichts anderes, als die Beseitigung aller Kinder, die zu diesem Zweck in Mäuse verwandelt werden sollen, auf dass ihre eigenen Eltern die lieben Kleinen als vermeintliches Ungeziefer totschlagen. Viel Zeit hat Luke jedoch nicht, seine Entdeckung zu verbreiten. Er wird entdeckt und – wie der fette Bruno zuvor – in eine Maus verwandelt. Gut nur, dass seine Großmutter keine Angst vor Mäusen hat. Gemeinsam nehmen sie den Kampf gegen die fiese Oberhexe und ihren Hexenkongress auf.
Hexen Hexen ist ein Buch von Roald Dahl, welches 1990 von Nicolas Roeg (“Wenn die Gondeln Trauer tragen“) kongenial verfilmt wurde. Das liegt zu einem nicht unwesentlichen Teil an der großartigen Anjelica Huston (“Die Addams Family“) als fies verschlagene Oberhexe. In der Rolle als schmieriger gestresster Hoteldirektor gestikuliert ein junger Rowan Atkinson (alias Mr. Bean) durch die Hotelflure. Desweiteren punktet der Film durch seine extrem beeindruckenden Special Effects, welche vom legendären Jim Henson’s Creature Shop zu verantworten sind. Hier werden keine Gefangenen gemacht. Ist die Grundidee von Roald Dahl von den alten netten Damen, die ihre körperlichen Absonderlichkeiten mit Accessoires wie kratzenden Perücken und Handschuhen verstecken müssen, schon recht perfide, so legt der Film in der Szene, wenn sich die Hexen im Kongress-Saal seufzend ihrer Tarnung entledigen, noch einen drauf. So mancher minderjährige Zuschauer wird nach dem Schauen des seltsamerweise mit FSK 6 eingestuften Filmes mindestens ein halbes Jahr Probleme mit dem Einschlafen haben und im Bus keiner freundlich schauenden älteren Dame mehr einen Sitzplatz anbieten. Auch die Darstellung der Mäuse ist äußerst gelungen und weit entfernt von dem heutzutage üblichen, sterilen CGI-Mittelmaß.
Ein tolles Filmvergnügen für Jung (naja… vielleicht nicht zuuu jung) und Alt, der seine jungen Zuschauer ernst nimmt und sich auch mal traut ordentlich auf die Pauke zu hauen. Da kann man auch das etwas überzogen schmierige Happy-End in Abwandlung zum Buchende verzeihen: (Achtung Spoiler!) Im Buch bleibt Luke eine Maus und beschließt mit seiner Großmutter, durch die Welt zu ziehen und alle Hexen zu vernichten. Als Maus. Aber das wollte man den Zuschauern dann doch nicht zumuten.