Die Frage:
Lieber Dr. Kürbis!
Bei Harry Potter topfen die Schüler im Botanikunterricht eine Alraune um. Um sich vor dem Schrei der Alraune zu schützen müssen sie sich die Ohren verstopfen, weil der tödlich ist. Eigentlich dachte ich, daß wäre nur eine Erfindung. Aber neulich habe ich in einem Buch wieder davon gelesen. Deswegen meine Frage: Was hat es mit Alraunen auf sich? Gibt es die wirklich? Und welche Kräfte haben sie?
Vielen Dank für die Antwort
Deine Katharina
Die Antwort:
Alraunen gibt es natürlich wirklich. Es wäre interessant gewesen, wenn Du erwähnt hättest, in welchem Buch und in welchem Zusammenhang Du das zweite Mal über diese Pflanze gelesen hast.
Als Alraune (oder auch männlich: Alraun) bezeichnet man im Allgemeinen die Wurzel der Mandragona-Pflanze. Diese gehört zu den Nachtschattengewächsen (wie auch z.B. Tomaten). Ab und zu sondert sie einen übel-riechenden Geruch ab. In Europa ist vor allem die Gemeine Alraune verbreitet. Die Madragona Pflanze findet bereits im Alten Testament der Bibel Erwähnung. Man verwendete sie u.a. zur Betäubung oder um Krämpfe zu lösen. Außerdem nutzte man sie als Zauberdroge.
Ihre Wurzeln werden bis zu 20 cm lang und sind mit ihrer gegabelten Form einem Menschen oft nicht unähnlich. Vermutlich ist diese Form dafür verantwortlich, dass der Alraune zahlreiche Kräfte und Wirkungen zugesprochen werden, die weit über einen medizinischen Effekt hinaus gehen.
Gegen Dämonen und für die Liebe – Die Vielseitigkeit der Alraune
Der spätrömische Sophist und Rhetoriklehrer Claudius Aelianus beschrieb die Alraune als Heilmittel gegen Epilepsie und diverse Augenkrankheiten. Außerdem war man bereits in der Antike der Überzeugung, die Wurzel würde Dämonen austreiben und hielt sie für ein wirksames Aphrodisiakum . („Bei der Ernte sollte die Alraune dreimal mit einem Schwert umkreist werden. Auszugraben war sie dann mit einem nach Westen gerichteten Gesicht. Derweil tanzte ein anderer im Kreis und besang die Liebeskraft.“ Quelle: Wikipedia)
Im Mittelalter gelangte man zu der Überzeugung, mit der Alraune ließe sich nicht nur Liebe sondern auch Reichtum gewinnen. So heißt es in der Sagensammlung der Brüder Grimm, dass man die Wurzel in einem verschlossenem Fläschchen aufbewahren soll. So ließe sie den Besitzer verborgene Schätze sehen. Darüber hinaus verschaffe die Flaschenwurzel Glück und schütze den Besitzer vor Gefängnis und Verletzungen.
Anstatt sie in einer Flasche aufzubewahren, war es in manchen Gegenden Deutschlands üblich die Wurzeln zu waschen, menschenähnlicher zu schnitzen und dann sorgsam bekleidet in einem Kästchen – einer Art Hausaltar – aufzubewahren, damit sie als Haus- und Schutzgeist Glück und Reichtum bringen. Kein Wunder also, dass der Handel mit gefälschten Alraunen weit verbreitet war. Denn die Beschaffung einer Alraune war nicht ganz einfach. Und ganz ungefährlich war es auch nicht.
Unter dem Galgen musst Du graben – Die Beschaffung einer Alraune
Schon in dem antiken Buch “Bellum Judaicum“ schreibt Josephus Flavius: „Nähert man sich ihr und will man sie anfassen, so ist es schwer, sie festzuhalten, da sie sich fortbewegt und nicht eher stehen bleibt, als bis man den Urin oder das monatliche Blut eines Weibes auf sie giesst. Aber selbst dann zieht die Berührung den sicheren Tod nach sich, wenn man die Wurzel nicht so trügt, dass sie von der Hand herabhängt. Man kann sie übrigens auch auf eine andere, ungefährliche Weise gewinnen, und zwar so: Nachdem man sie ringsum durch Graben dergestalt gelockert hat, dass nur noch ein kleiner Teil der Wurzel in der Erde steckt, bindet man einen Hund daran. Wenn nun das Tier dem, der es angebunden, schnell zu folgen strebt, wird sie leicht vollends herausgezogen. Der Hund aber stirbt auf der Stelle, gleichsam als stellvertretendes Opfer für den, der das Gewächs nehmen wollte. Jetzt hat übrigens der, in dessen Hand sie gerät, nichts mehr zu befürchten.“ (Übersetzung: Heinrich Clementz)
Der bei Harry Potter thematisierte Schrei der Alraune wird dagegen erst im Mittelalter erwähnt. Als Gegenmittel wird geraten den Schrei der Alraune mit Trompeten übertönen. Und zur Sicherheit noch die Ohren verstopfen. Was genau der Schrei bewirkt ist nicht ganz klar. Die Erklärungen reichen vom reinen Schreckmoment bis zum Tod.
Im Mittelalter wurde das erlangen einer wirksamen Alraune zunehmend komplizierter (wenn man nicht von der Kräuterfrau von nebenan für 50 DM eine Salatwurzel angedreht bekommen wollte, wie es angeblich 1955 in Oberbayern noch geschehen sein soll). Wenn der mittelalterliche Mensch auf Nummer sicher ging, holte er sich seine Alraune am Galgenplatz. Und zwar exakt ein Jahr nach der Hinrichtung zur Stunde der Hinrichtung in der Nacht. (Also, wenn die Hinrichtung um 15.00 Uhr war, dann holt man sich seine Alraune um 3 Uhr in der Nacht). Aus diesem Grund nennt man die Alraunewurzel auch oft „Galgenmännlein“. Die Mandragona-Pflanze mit der gewünschten Alraunenwurzel wuchs nun einen Ellenbogen tief an der Stelle auf die ein Jahr zuvor …ähm das Sperma des Gehängten tropfte. Die Wurzel musste man sich jetzt nur noch ausgraben – mit einem Span den man sich zuvor vom betreffendem Galgen schnitt. Es ist (allgemein?) bekannt, dass es beim Tode durch Erhängen häufig zu unkontrollierten Darm- und Blasenentleerungen kommt. Es scheint so zu sein, dass es bei einer Strangulation auch zu einer sogenannten finalen Erektion, durchaus auch mit einer Ejakulation, kommen kann. Ob diese es dann noch schafft bis auf den Boden zu gelangen, ist natürlich die nächste Frage.
Da kauft man seine Alraune doch lieber bei der Salatverkäuferin um die Ecke.
Fazit
Liebe Katharina! Du siehst also: Die Alraune gibt es wirklich. Die eigenwillige Form ihrer Wurzel trug dazu bei, die Phantasie der Menschen anzuregen, so dass man ihr schon frühe diverse magische Eigenschaften zuschrieb. In Teilen enthält die Alraune Stoffe (Alkaloide), die dazu führten, dass sie lange Zeit als Schmerzmittel, Aphrodisiakum und Betäubungsmittel verwendet wurde. Alraunen sind giftig.
Dein Dr. Kürbis
Im Film „Pans Labyrinth“ hatte das kleine Mädchen doch auch so ein Wurzelmännlein, das sie dann unter das Bett der kranken Mutter gelegt und mit Blut gefüttert hat, worauf die Mutter wieder gesund geworden ist. Das war doch auch eine Alraune. Kann allein die Anwesenheit einer Alraune Krankheiten heilen?
Gruß Heiko
kp kürbiskönig du solltest mal zurük schreiben