Hintergrundgeschichte:
Yama Uba gehört zu den sogenannten Yōkai-Figuren. Diese sind eine Art Monster-Figuren, welche tief im japanischen Volksglauben verankert sind. Erschaffen wurden sie zumeist von Künstlern in der Edo-Periode, die sich wiederum von der japanischen Mythologie inspirieren ließen.
Der Name „Yama Uba“ bedeutet soviel wie „altes Bergweib“. Ihren ersten “offiziellen“ Auftritt hatte sie in der japanischen Geschichtssammlung Konjaku Monogatari (Geschichtssammlung von Jetzt und Einst). Diese entstand während der Heian Periode (794 – 1185/92). Darin bietet eine alte Frau einer verirrten schwangeren Frau eine Unterkunft in den Bergen an. Heimlich plant sie jedoch, nach der Geburt die Frau und deren neugeborene Kind zu verspeisen. Denn die Yama Uba ist eine Menschenfresserin.
Aussehen der Yama Uba:
Die Yama Uba sieht aus, wie man sich eine klassische Hexe vorstellt – und zwar eine eine vom alten Schlag, nicht diese gut geföhnten “Verliebt in eine Hexe“ oder “Auffuhr an der Hexenuniversität“-Teenager. Die Yama Uba ist ein altes hässliches Weib mit stechendem Blick und langen weißen, ungepflegten Haaren. Oft sieht man sie mit einem alten Besen den Wald fegen.
Etwas widersprüchlich sind die Angaben zu ihrem Mund. In manchen Erzählungen wird behauptet, dass sich Dieser über das ganze Gesicht von Ohr zu Ohr erstreckt. In einer anderen Erzählung mit dem Titel “Die Frau, welche nie isst“ von Meshi Kuwanu Nyōbō, hat sie auf ihrem Hinterkopf einen zweiten Mund, den sie hinter ihren langen Haaren verbirgt.
Allerdings sollte man sich nicht auf diese Angaben verlassen, denn die Yama Uba kann ihre Gestalt ändern. Das tut sie auch manchmal: Vorzugsweise in eine attraktive junge Frau. (Na klar – wenn man es kann.)
Heimat:
Die Yama Uba ist im schönen fernen Japan beheimatet. Sie wohnt in einer Hütte, tief in den Wäldern in den Bergen. Ab und zu ist auch von einer Höhle die Rede. Wo diese Hütte (oder Höhle) nun aber genau stehen soll, darüber streiten sich mehrere japanische Regionen.
Opfer der Yama Uba:
Die Opfer der Yama Uba sind meist verirrte Reisende.
Allerdings gibt es auch eine glücksverheißende Seite der Yama Uba. In einigen ländlichen Erzählungen hilft sie den armen Leuten bei der Arbeit. Ebenso ist sie in einigen Gegenden dafür bekannt, für eine ergiebige Ernte sorgen zu können. Allerdings nur wenn man keine Angst vor ihr hat. Denn sonst passiert ganz schnell das Gegenteil und aus ist es mit reicher Ernte und Wohlstand.
Taktik:
Ihre Taktik ist simpel aber wirkungsvoll: Sie verwandelt sich in eine attraktive junge Frau, oder spielt eine hilflose alte Dame. Solcherart getarnt erschleicht sie sich das Vertrauen ihrer zukünftigen Opfer und lockt sie in ihre Hexen-Hütte, wo sie sie mit Haut und Haaren verschlingt, es sei denn sie entschließt sich, den Braten vorher noch etwas zu mästen.
Es wird auch berichtet, dass sie die Gestalt eines nahestehenden Bekannten des Opfers annimmt, diesen in eine unwirtliche Gegend lockt, wo er zu Tode stürzt. Anschließend lässt sie sich es schmecken.
Abwehr einer Yama Uba:
Zum Glück ist es gar nicht so schwer, sich der Vereinnahmung durch die nimmersatte Dame zu entziehen und nicht selten wird sie von ihren “Opfern“ ausgetrickst, denn sie soll ziemlich leichtgläubig sein.
In einer bekannten Geschichte namens „Ushikata Yama-uba“ (ungefähr: Der Viehtreiber und die Berghexe) belästigt die Yama-Uba einen Fahrer, der auf einem Ochsenkarren eine Ladung Makrelen (!) durch die Berge transportiert. Sie verschlingt seinen Fisch, verschlingt seinen Ochsen und geht anschließend daran, auch den erschrockenen Karrenlenker zu verschlingen. Dieser schafft es jedoch, sich in den Dachbalken des Hauses der alten Hexe zu verstecken und sie des Nachts mit kochendem Wasser zu übergießen.
Auch die junge zukünftige Mutter kann sich übrigens dem Zugriff der hungrigen Vettel entziehen, indem sie sich in der Nacht einfach davon stiehlt.
Sonstiges:
Jedoch ist die Yama-Uba nicht nur eine menschfressende Hexe. Zum Beispiel zog sie den Jungen Kintarō auf, der von seiner Mutter in den Bergen ausgesetzt wurde. Überhaupt bekommt die Yama-Uba im Laufe der Zeit zunehmend einen ambivalenten Charakter zugeschrieben. Im Nō – Theaterstück “Yamanba“, welches vermutlich vom Autor Zeami (1363 – 1443) verfasst wurde, trifft Yama-Uba im Wald auf einen Tänzer, der berühmt ist für eine Tanzperfomrance über die Hexe. Die Hexe verdunkelt den Himmel, um den Tänzer glauben zu lassen, es wäre bereits Nacht und zum Bleiben zu bewegen – jedoch nicht, um den Jüngling zu verpeisen, sondern um seine berühmte Tanzperfomrance zu sehen. Ganz im buddhistischen Sinne erklärt sie ihr Wesen als weder als gänzlich gut oder böse.
Die Geschichten um die Yama Uba (Yama-Uba, Yamauba) sind in Japan sehr lebendig. Ein Freund eines in Japan lebenden Freundes hat sie sogar schon einmal gesehen. Er schwört es!
Eine Unterbewegung der japanischen Mode-Lifestyle-Bewegung Ganguro bezeichnen sich als Yamamba. Diese zeichnen sich durch blondierte Haare, stark orange gebräunten Teint und auffälliges Make-up aus.
Schrecklevel: 5 von 13
Alte Frauen, die allein im Wald leben und sich auf Menschenfleisch spezialisert haben, sind natürlich ziemlich spooky. Und diese Sache mit dem Mund auf dem Hinterkopf ist sicherlich recht eindrucksvoll. Der erste gruselige Gesamteindruck wird aber durch die arge Leichtgläubigkeit der blutrünstigen Dame arg geschmälert. Zumal sie sich zunehmend als moralisch ambivalent heraustellt und sogar mütterliche Gefühle hegt.