Seit professionelle Spiel-Engines wie die Unity Engine für jedermann erschwinglich sind, sprießen Horrorgames aus der Ego-Perspektive geradezu aus dem Boden. Vor allem nach dem großen Erfolg von P.T. (der spielbaren Demo zur leider eingestellten Silent Hill-Fortsetzung) basteln Geeks und kleine Indie-Entwickler fleißig an ähnlich gelagerten Spielen – die aber oft nur kopieren, statt wirklich eigenständig zu sein. Da kann es schon mal vorkommen, dass man als Horrorfan ein Spiel nicht für voll nimmt. Bei Layers of Fear wäre dies jedoch ein großer Fehler!
Gleich zu Beginn kündigt das Spiel an, jede geöffnete Tür, jede gefundene Erinnerung und jeder erforschte Schatten würde unsere Reise ganz individuell gestalten. Was das im Einzelnen bedeutet, bleibt erst einmal rätselhaft. Genau wie die Frage, was zum dämonischen Kuckuck hier eigentlich los ist. Wir finden uns nämlich in der Diele eines alten Herrenhauses wieder und haben nicht die geringste Ahnung, was wir dort machen und wer wir überhaupt sind. Ein Kniff, der schon im Horrorklassiker Amnesia zum Einsatz kam und immer noch hervorragend funktioniert, weil er Spieler und Spielfigur durch den gleichen Wissensstand geschickt einander näher bringt. So beginnt man also, das alte, viel zu düstere Anwesen in der Ich-Perspektive zu erforschen, während ein heftiges Gewitter vor den Fenstern schon vom ersten Moment an für Unbehagen sorgt. Doch es kommt noch viel, viel schlimmer. Als man im Arbeitszimmer ein leeres Gemälde auf einer Staffelei entdeckt und den Raum wieder verlassen will, bemerkt man verwirrt, dass hinter der Zimmertür plötzlich ein ganz anderes Zimmer liegt.
Der Beginn einer echten Tour de Force…
Layers of Fear: Psychoterror bis zum Abwinken
Denn von nun an kann man dem Spiel keinen Zentimeter mehr über den Weg trauen. Während wir versuchen, uns einen Reim auf die im Haus verteilten Briefe, Notizen und Zeichnungen zu machen, spielt Layers of Fear mit unserem Hirn Xylophon. Räume verändern sich, während wir nur kurz einmal wegschauen, Gegenstände machen sich unvermittelt selbstständig, der Boden gibt plötzlich unter uns nach und beim Undrehen steht schon mal irgendein Objekt direkt vor unserer Nase, untermalt von einem lauten Tusch. Whoa! Dazu kommen fiese Geräusche, schaurige Erscheinungen, Zeitveränderungen sowie physikalisch unmögliche Räume und Flure, in denen der Wahnsinn zu Hause ist.
Es ist einfach unglaublich, wie sehr dieses Dauerfeuer aus permanenter Verunsicherung und hinterlistigen Schockmomenten an den Nerven des Spielers zerrt. Bald ist man regelrecht weich geklopft und fürchtet sich sogar vor einer Stehlampe in der Ecke! Man schleicht eingeschüchtert durch das alte Gemäuer, fischt aus dem am weit entferntestes Punkt nach Türklinken und späht dann nervös in den nächsten Raum, in dem ganz bestimmt wieder eine Gemeinheit auf einen wartet. Man sitzt tatsächlich mit halb zusammengekniffen Augen und eingezogen Schultern vor dem Monitor und betet, BETET, dass einem das Spiel beim nächsten Schritt nicht schon wieder einen Heidenschreck einjagt. Und wird dann doch wieder kalt erwischt. Was für ein fantastischer Gruselspaß!
Dass Layers of Fear nicht zu einer reinen Jumpscare-Orgie verkommt, in der man sich schnell wie in einer Geisterbahn fühlt, ist dem erzählerischen Geschick der Entwickler zu verdanken. Denn die vielen hinterlistigen Schocks sind nicht einfach nur reiner Selbstzweck. All die grotesken Zimmer, Flure und die (Nacken)-haarsträubenden Ereignisse, die immer wieder über einen hereinbrechen, erzählen viel mehr eine Geschichte, die auf eine schreckliche Tragödie in der Vergangenheit hinweist. Mit zunehmend flauem Gefühl versucht man als Spieler, dem rätselhaften Schrecken auf den Grund zu gehen. Und diese Neugierde treibt einen freiwillig immer tiefer in die hinterhältigen Fänge des infernalischen Gemäuers. Ganz großes Kino! Außerdem unterliegt man schon bald der morbiden Faszination, was das Spiel noch alles auffährt, um uns durch die Hölle gehen zu lassen. Weil man im Laufe seiner Reise oft auf Abzweigungen trifft, zwischen denen man sich entscheiden kann, erlebt man tatsächlich sein eigenes Abenteuer. So gibt es sogar einen Wiederspielwert. Wenn man sich traut.
Unterstützt von der äußerst atmosphärischen Geräuschkulisse und der großartigen Grafik schafft es Layers of Fear mühelos, den Spieler voll und ganz in seine albtraumhafte Welt zu entführen. Ein echtes Meisterwerk des Psycho-Horrors mit vielen denkwürdigen und verstörenden Momenten. Und gewiss kein Spiel für schwache Nerven.
Layers of Fear ist für PC, Xbox One und PS4 erhältlich.
Hier geht es zur offiziellen Website von Layers of Fear.
Trailer
Text: S. Werner