Fragen Sie Dr. Kürbis! – Teil 6: Wer schneidet eigentlich immer die Filme kaputt?

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Die Frage:

Lieber Dr. Kürbis!

Wer entscheidet eigentlich nach welchen Kriterien, ob ein Film geschnitten wird, beziehungsweise auf dem Index landet? Kann so eine Entscheidung wieder rückgängig gemacht werden?

Danke sagt Sven aus Berlin


Die Antwort:

 

Dr Kuerbis-3Lieber Sven,

diese Frage interessiert sicher viele Horrorfans in Deutschland, schließlich haben wir hier immer wieder Probleme, wenn es um die Gewalt in unserem Lieblingsgenre geht.

Verantwortlich für die Überwachung von Filmen und DVDs ist bei uns die FSK, die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, wobei das Wort „freiwillig“ eher lächerlich ist, weil sowieso alles geprüft wird und die Ergebnisse sogar bindend sind. Die FSK wurde 1949 in Wiesbaden gegründet und setzt sich aus etwa 190 Prüfern zusammen, die alle ehrenamtlich tätig sind und nicht in der Filmwirtschaft arbeiten dürfen. Konkret sind das Journalisten, Lehrer, Psychologen, Medienwissenschaftler, Filmhistoriker, Studenten, Sozialarbeiter, Hausfrauen, Richter und Staatsanwälte. (Gibt es eine humorlosere Truppe auf der Welt? Ein Wunder, dass sie nicht JEDEN Film ab 18 einstufen.)

Die Prüfer entscheiden darüber, ob Machwerke das sittliche oder religiöse Empfinden des Menschen verletzen, verrohrend wirken, brutale und sexuelle Vorgänge in übersteigerter, reißerischer oder aufdringlich selbstzweckhafter Form schildern, die freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährden oder das friedliche Zusammenleben der Völker stören (was so ziemlich auf jeden Film von Uwe Boll zutrifft). Anhand dieser Kriterien bekommt der Film letztendlich seine FSK-Siegel, das bis zum Urteil „Keine Jugendfreigabe“ hochreichen kann, so dass der Streifen für Personen unter 18 Jahren verboten ist. Verstößt der Film allerdings gegen die Richtlinien der Kontrollbehörde, wird ihm ein FSK-Kennzeichen verweigert. Dann – und nur dann – kann das Werk von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (kurz BpjM) indiziert werden.

Die Zuständigkeit der BpjM liegt in der Prüfung und Aufnahme jugendgefährdender Medien in die „Liste jugendgefährdender Medien“, was konkret „Indizierung“ bedeutet. Hat ein Film kein FSK-Kennzeichen erhalten, wird er auf Antrag von Jugendbehörden und der Kommission für Jugendmedienschutz von der BpjM auf den Index verfrachtet. Indizierte Filme dürfen nun Kindern und Jugendlichen weder verkauft noch überlassen oder anderweitig zugänglich gemacht werden. Das wäre ja nun nicht so dramatisch, sogar der Kürbiskönig begrüßt den Jugendschutz. Viel schlimmer ist es allerdings, dass ein indizierter Film weder beworben noch irgendwo öffentlich besprochen werden darf (Zeitung, Online-Magazin). Um dieser geschäftschädigenden Maßnahme zu entgehen, schneiden die Filmverleihe einfach selbst ihre Filme so weit zusammen, dass sie letztendlich ein FSK-Siegel erhalten. Eigentlich erschreckend, dass wir indirekt also auf die Filmfirma meckern, weil sie ihren Streifen unbedingt verkaufen will. Ist der Film trotzdem auf dem Index gelandet, besteht die Indizierung für satte 25 Jahre, dann erst wird er von der Liste gestrichen oder muss einem neuen Verfahren unterworfen werden. Falls sich in dieser Zeit die Rechtslage ändert, kann man allerdings auch früher einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stellen. Aber diese Arbeit machen sich die Verleihe eher selten.

Ich hoffe, ich konnte Dir Deine Frage ausreichend beantworten, lieber Sven. Der Artikel war eigentlich länger, aber die Kontrollbehörde hat alle Schimpfworte und erotischen Passagen angemahnt.

Dein Dr. Kürbis


Du hast auch ein Frage an Dr. Kürbis? Dann schreibe eine Mail an: frage@halloween.de


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