Die Steinzeit-Kannibalen aus der Pfalz

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Wer so aussieht, der nagt auch an den Knochen seiner Kollegen...Heute werden wir bei halloween.de mal wieder historisch und springen viele, sehr viele Jahre in der Zeit zurück. Um etwa 5000 bis 4950 v. Chr. befindet sich an der Stelle des pfälzischen Fleckens Herxheim ein kleines jungsteinzeitliches Kaff mit zehn Häusern und einem großen Friedhof. Einem Friedhof, der einerseits nicht sehr friedlich und andererseits auch viel zu groß für die paar Einwohner war. Hunderte menschlicher Skelette jeder Altersklasse wurden bisher dort ausgegraben – und sie alle weisen Spuren gezielter Schlachtung auf! War es Kannibalismus? Und wer bitteschön sollte das alles essen?

Die Forscher stehen vor einem Rätsel: die Überreste von bereits 500 Menschen haben sie bislang freigelegt und dabei noch nicht einmal die Hälfte der Massengräber geöffnet. Alle gefundenen Knochen weisen Schab- und Kratzspuren auf, wie sie auch nach einer traditionellen Schlachtung von z. B. Rindern üblich wären. Dabei schneidet man zunächst die Muskelansätze an den Gelenken los um das faserige Fleisch gut abschaben zu können. Weitere Leckereien bieten die Langknochen und Rückenwirbel: Um an das dortige Mark heranzukommen, werden die Gebeine zertrümmert und ausgeschabt. Anschließend bleibt vom Skelett nicht vielmehr übrig, als die mit den genannten Spuren übersäten Knochen über die nun die Archäologen gestolpert sind. Mit den Schädeln verfuhren die Steinzeit-Schlachter anders: Nach einem Schnitt entlang des Scheitels ließ sich die Kopfhaut zu beiden Seiten hin abpellen. Mit gezielten Schlägen gegen Gesicht, Halsansatz und den Seiten wurde die Schädeldecke abgespaltet – fertig war eine hübsche Schale.

Völkerverständigung of Death

Die Reste eines üppigen Mahls? © GDKE Rheinland-Pfalz - Dir. Landesarchäologie - SpeyerDoch nicht nur diese rituelle Massentötung und der wahrscheinliche Kannibalismus verwirrt die Forscher. Verstörend ist auch die Herkunft der Opfer. Keine Leiche weist die für Kriegshandlungen typischen Verletzungen auf, alle waren zum Zeitpunkt des Todes bei bester Gesundheit, zudem konnten Kinder- und Baby-Skelette nachgewiesen werden. Darüber hinaus hat man anhand der unzähligen Keramik-Beigaben nachweisen können, dass alle Toten weitgereist waren: von Böhmen, dem Pariser Becken und aus dem Elbtal. Ein enorme logistische Leistung für die Kultur der Bandkeramiker vor 7.000 Jahren! Dies alles legt die Vermutung nahe, dass die Siedlung bei Herxheim ein religiöses Zentrum war, zu dem die Menschen aus ganz Europa pilgerten – um sich zu opfern?! Nun ja, es waren halt andere Zeiten. Das erklärt jedoch nicht, warum der Spuk allerhöchstens 50 Jahre dauerte. Denn seit etwa 5300 v. Chr. schlummerte der Ort ruhig vor sich hin, ab der Jahrtausendwende wurde gemetzelt und spätestens um 4950 v. Chr. war alles vorbei – die Siedlung hörte einfach auf zu existieren. „Und 50 Jahre waren schon das uns bekannte Maximum“, sagt Projektleiterin Andrea Zeeb-Lanz von der Außenstelle Speyer der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, „Das alles kann sich auch in zwei Jahren oder sogar in nur fünf Wochen abgespielt haben.“

Weitere Infos: www.projekt-herxheim.de | www.archaeologie-speyer.de

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