Lieber Dr. Kürbis,
Was hat es eigentlich mit der Walpurgisnacht auf sich?
Matthias
Die Antwort:
„Die Hexen zu dem Brocken ziehn,
Die Stoppel ist gelb, die Saat ist grün.
Dort sammelt sich der große Hauf,
Herr Urian sitzt oben auf.
So geht es über Stein und Stock,
Es farzt die Hexe, es stinkt der Bock.“
Lieber Matthias!
Die Walpurgisnacht ist die Nacht vom 30. April auf den 1. Mai. Sie ist dafür bekannt, dass in ihr die Hexen ausfahren und sich auf diversen Bergspitzen zum Hexensabbat treffen. Insbesondere der Blocksberg wird immer wieder als beliebter Haupttreffpunkt der Hexen erwähnt. Im slawischen Sprachgebrauch und später im Niederdeutschen wurden viele Berg -Erhebungen als Blocksberg bezeichnet, was nichts anderes bedeutete, als das ein Berg als Hexentreffpunkt gilt. Heute wird als Blocksberg vor allem der Brocken im Harz verstanden.
Die heilige Walpurga: Gegen Pest und Unterleibsschmerzen
Ihren Namen hat die Nacht von der Heiligen Walpurga (ca. 710 – 779 oder 780 ). Sie war in jener Zeit eine der bedeutendsten Frauen des christlichen Europas und gründete u.a. ein Kloster für Benediktinerinnen in Heidenheim. Sie galt/gilt als u.a. Schutzpatronin der Seeleute und der Felder. Sie schützte vor der Pest und hilft bei Unterleibsschmerzen.
Bekannt ist die Heilige Walpurga heute auch noch deswegen, weil ihre Grabplatte jedes Jahr zwischen Oktober und Februar eine Flüssigkeit absondert, die als Walpurgisöl gegen Versuchungen von Körper und Geist helfen soll. Sie wird in kleinen Flaschen an bedürftige Gläubige verkauft und soll angeblich direkt aus den Knochen des Brustbeins der Heiligen stammen. Eine Untersuchung des Kriminalbiologen Mark Benecke deutet jedoch an, dass es sich dabei möglicherweise um einfaches Leitungswasser handelt.
Der offizielle christliche Gedenktag der Walpurga ist eigentlich der 25. Februar (der vermutete Sterbetag).
Der 30. April wird jedoch ebenfalls mit der Heiligen Walpurga in Verbindung gebracht, da an diesem Tag (bzw. dem 1. Mai 870) ihre Heiligsprechung vorgenommen wurde.
Sexuelle Ausschweifungen vs. bäuerliche Tanzveranstaltung
Die Vorstellungen eines Geheimtreffens von Hexen und Hexern bildete sich erst im 16. & 17. Jahrhundert heraus. Anfangs vermutete man, dass sich die Hexen dort „nur“ mit dem Teufel treffen würden, um zum Beispiel einen Pakt zu schließen. Im Laufe der Zeit wurden die Aktivitäten jedoch durch wesentlich spaßigere Vergnüglichkeiten, wie sexuelle Ausschweifungen, dem Abhalten von schwarzer Messen, ausgiebigem Essen und Tanzen und der Initiation von neuen Hexen ergänzt. Die in den Protokollen der historischen Hexenprozesse festgehaltenen Beschreibungen der „tatsächlichen Hexensabbate“ lesen sich jedoch wesentlich schlichter und ereignisärmer. Meistens ist dort nur von Essen mit Tanz die Rede.
Mit den entsprechenden Schriften wurde auch die Vorstellung von der Walpurgisnacht als Termin für die Hexenausfahrt populär. Im Jahr 1451 beschrieb Martin de Champ in seiner Schrift “Champion de Dames“ erstmals Hexen, welche sich auf einen Besen fortbewegen. Die Vorstellungen von Hexen, die zum Hexensabbat fliegen, war durch solche Schriften irgendwann so verbreitet, dass das einfache Volk in der Walpurgisnacht tatsächlich zahlreiche Abwehrmaßnahmen ergriff, um sich vor vorbeifliegenden Hexen zu schützen.
In einem Handbuch des deutschen Aberglaubens wird übrigens erwähnt, dass die Hexen in der Walpurgisnacht von der Walpurga einen dreieckigen Spiegel erhalten, mit denen diese dann die Zukunft vorhersagen können. Warum die heilige Walpurga dies tut, wird nicht erwähnt. Ebenso wenig, ob die Hexen den Spiegel am nächsten Morgen wieder abgeben müssen.
Faust auf der Walpurgisnacht
Wirklich populär als der Termin schlechthin für einen Hexensabbat wurde die Walpurgisnacht durch die Beschreibung in Goethes Faust 1.Teil (siehe Zitat oben), wo Faust und Mephistopheles einem riesigen Hexensabbat beiwohnen. An dieser Stelle wird auch noch einmal ausdrücklich der Harz als Ort der Ausschweifungen aufgeführt.
Auch heute werden in der Walpurgisnacht noch vielfach Maifeuer entzündet. Die Traditionen der Walpurgisnacht sind in erster Linie Maibräuche – also Frühlingsbräuche. Viele davon symbolisieren Fruchtbarkeit. So ist die Walpurgisnacht auch eine gute Nacht für Liebesvorhersagen. Im Wendlandt gibt es einen Stein, der sogenannte Brautstein, über den die Mädchen in der Walpurgisnacht mit blanken Genitalien rutschten und sich dabei einen Liebhaber wünschten. Vermutlich hat es funktioniert. Denn wenn sich so etwas erstmal rum spricht, dass des Nächtens nackte Mädchen über Steine rutschen, weil sie sonst keinen Liebhaber haben, lassen diese meist nicht mehr lange auf sich warten.
Heute ist die Walpurgisnacht meist eine Vermischung von alten und neuen Traditionen, die vor allem zu kommerziellen Zwecken veranstaltetet wird. Aber immer noch eine gute Gelegenheit, seine alte Hexennase aufzusetzen, den Besen anzuschmeißen und kreischend übers Feuer zu hüpfen. Viel Spaß dabei, wünscht Dir
Dein Kürbiskönig
Die Walpurgisnacht ist ein echtes Parallelstück zu Halloween. Sie ist genau ein halbes Jahr nach dem letzten, und ein halbes Jahr vor dem nächsten Halloween, also genau in der Mitte. Obendrein ist am Tag darauf, also am 1. Mai immer ein Feiertag, sowie an Halloween, wo auch am nächsten Tag, also am 1. November immer ein Feiertag ist. Wir feiern den Tag auch, und nennen diesen „Opofeen“ (heißt ausgeschrieben Opposit of Halloween) um die Zeit bis Halloween erträglicher zu gestalten. 🙂
Gruß Heiko
„Es ist Walpurgisnacht, ich breche aus der Klapse aus…“
(K.I.Z.)