Blair Witch Project

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(The Blair Witch Project)

1999 I USA I 78 min I FSK 12

plakat deutschMitte der 90er Jahre haben die beiden Filmstudenten Daniel Myrick und Eduardo Sanchez eine bahnbrechende Idee: Sie möchten einen Horrorfilm drehen, der wie eine reale Dokumentation aussieht. Nach ein paar Jahren ist es schließlich soweit. Sie suchen sich drei unbekannte Schauspieler, drücken ihnen zwei Kameras in die Hand und schicken sie in den Wald. Das Ergebnis versetzt die Welt in Angst und Schrecken.

Der Film beginnt mit der nüchternen Einblendung eines Textes: „Im Oktober 1994 verschwanden drei Studenten in den Wäldern von Burkittsville, Maryland, beim Dreh eines Dokumentarfilms. Ein Jahr später wurden ihre Filmaufnahmen gefunden“. Und die bekommt der Zuschauer dann auch zu Gesicht. Die drei Studenten Heather, Josh und Mike filmen sich gegenseitig bei ihrer ausgelassenen Reise nach Burkittsville, das frühere Blair, wo sie eine Dokumentation über eine legendäre Hexe drehen wollen. Sie interviewen verschiedene Einwohner der Stadt, die alle von der Hexe von Blair gehört haben und Geschichten von Kindermorden und seltsamen Vorfällen erzählen. Am nächsten Tag begibt sich das Filmteam auf Spurensuche, tief in den Wäldern der Black Hills, wo die Hexe angeblich hausen soll. Zuerst verläuft alles nach Plan, sie finden einen alten Ritualplatz und einen improvisierten Kinderfriedhof. Doch als sie nach einer Nacht, in der sie seltsame Geräusche gehört haben, zurück zu ihrem Auto wollen, finden sie nicht mehr zurück. So müssen sie erneut im Wald übernachten, wobei ihnen undefinierbare Schritte und Kinderlachen aus der Tiefe des Waldes fast den Verstand rauben. Als sie auch am darauffolgenden Tag nicht aus dem Wald finden, beginnt die Stimmung zu kippen. Ein weiteres Mal wollen sie auf gar keinen Fall in diesen Wäldern campen. Doch bald wird es auch schon wieder dunkel und einer von ihnen wird bereits diese Nacht nicht überstehen…

Ein Schocker, wie er im Buche steht

Bei Produktionskosten von gerade mal 60.000 Dollar spielt der Film gigantische 250 Millionen Dollar ein und sichert sich damit sogar einen Eintrag im „Guinness Buch der Rekorde“. Dieser Erfolg hat mehrere Gründe. Die beiden Filmemacher nutzen zuerst einmal das im Jahre 1999 noch relativ junge Medium Internet für ihre Zwecke, und kreieren im Vorfeld eine Website, die sich absolut überzeugend mit den Ereignissen der Hexe von Blair auseinandersetzt. So gibt es eine Zeittafel, die 200 Jahre zurückreicht und von schrecklichen Ereignissen in den Wäldern von Burkettsville zu berichten weiß. Zudem gibt es haufenweise Infos über die angeblich verschwundenen Studenten, wie Fotos über die gefundene Ausrüstung der Crew und Interviews mit Verwandten und Experten. Schnell erreicht die Seite die damals unvorstellbare Eine-Millionen-Besucher Marke. Glücklicherweise kann man dieses Zeitdokument über die Geburtsstunde des sogenannten „viralen Marketings“ immer noch besuchen.

Ein weiterer Grund für den Erfolg liegt darin, dass das Prinzip der Pseudo-Dokumentation 1999 im Horror-Bereich vollkommen neu und revolutionär ist. Wurde die sogenannte Mockumentary bisher eher zu satirischen Zwecken eingesetzt, erzielt diese besondere Art des Filmens im Grusel-Genre einen ungemein intensiven Effekt. Plötzlich gibt es keine Distanz mehr zwischen Schauspielern und Zuschauern, durch die subjektive Kamera ist der Betrachter Teil des Geschehens, man ist den Ereignissen regelrecht ausgeliefert. Dieses Gefühl von „Mittendrin, statt nur dabei“ beschert einigen Zuschauern schlaflose Nächte.

josh und mikegesicht im dunkelastmännchen


…dort war es finster und auch so bitterkalt

Der wichtigste Grund für den Erfolg von „Blair Witch Project“ liegt in der realistischen Machart des Films. Nichts stört den Eindruck, es handle sich hierbei um ein inszeniertes Werk. Die Filmemacher lassen ihre Protagonisten die ganze Zeit improvisieren, so dass jedes Gespräch (besonders in der englischen Tonspur) vollkommen natürlich wirkt. Die drei Schauspieler quatschen und scherzen miteinander, wie man es schon tausendmal in persönlichen Heimvideos gesehen hat. Auch die geführten Interviews sind von verblüffender Überzeugungskraft. Besonders beeindruckend ist dabei eine Mutter, deren kleines Kind auf ihrem Arm bei einer gruseligen Geschichte fast ausflippt. „Das kann doch alles nicht gespielt sein“, denkt da das Gehirn des Zuschauers sorglos und tappt in die Falle. Denn wenn irgendwann die Dunkelheit über die Gruppe kommt und der Terror beginnt, läuft das Gehirn immer noch im Realismus-Modus. Und reagiert panisch. Es ist kaum mit anzusehen, wie sich das spärliche Kameralicht zwischen den Bäumen verliert, während aus der Tiefe der Dunkelheit diese undefinierbaren Geräusche dringen. Die Kamera schwenkt hektisch umher, man erschrickt praktisch vor jedem Ast in der atemlosen Erwartung, dass gleich etwas Schreckliches passieren wird. Es gibt sogar Momente, die in völliger Dunkelheit spielen und man nur das ängstliche Atmen und Flüstern der Schauspieler hört. Der clevere Schachzug des Films besteht darin, dass er so subtil vorgeht, die Bedrohung meist über die Tonebene abläuft, was viele Ur-Ängste beim Zuschauer abruft. Nach dem beklemmenden Finale bleibt man ziemlich angespannt zurück.

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Aufgrund der Tatsache, dass keine nackten Brüste, keine Dinosaurier und keine Blutfontänen zu sehen sind, hat der FSK die kaum nachvollziehbare Altersfreigabe von 12 Jahren errechnet. Sowas passiert, wenn man nur nach Tabellen urteilt. Natürlich ist der Film nur gruselig, wenn man sich auf ihn einlässt. Wenn Du mit Deinen gröhlenden Kumpels auf dem Sofa sitzt und nebenbei ’ne SMS verschickst, wird er Dich sicher kalt lassen. Aber verdunkelst Du den Raum und schaust ihn in ganz kleinem Kreis, solltest Du Energiesparlampen im Schlafzimmer haben. Denn im Finstern willst Du anschließend sicher nicht mehr schlafen.

Trailer

Links
www.blairwitch.com


Text: S. Werner

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