Kidnapped

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Ein Film über eine Familie, die von drei maskierten Männern in ihrem Haus überfallen und brutal misshandelt wird, ist eigentlich schon erschreckend genug. Doch wenn das Ganze mit einer derartigen Wucht erzählt wird, wie Du sie hier zu sehen bekommst, wird das Zuschauen fast zur Qual.

Familienvater Jaime zkidnappedieht mit seiner Frau Marta und seiner Teenagertochter Isa in eine riesige Villa am Rande der Stadt. Die letzten Möbelpacker haben soeben das Haus verlassen, das Abendbrot wird vorbereitet und die Familie diskutiert darüber, ob Isa an ihrem ersten gemeinsamen Abend im neuen Haus schon ausgehen sollte, oder nicht. Da brechen drei maskierte Männer mit einem Vorschlaghammer durchs Schlafzimmerfenster, schlagen Jaime nieder und schleppen die Familie gewaltsam ins Wohnzimmer. Der Anführer der Bande zwingt seine Gefangenen zur Herausgabe sämtlicher Bankkarten und Geheimnummern und klappert anschließend mit dem Familienoberhaupt die Bankautomaten der Umgebung ab. Da die anderen beiden Kidnapper mit Mutter und Tochter im Haus verbleiben, hat Jaime gar keine andere Wahl, als zu kooperieren. Doch die Situation im Haus beginnt aus dem Ruder zu laufen, als plötzlich ein Freund von Isa vor der Tür steht. Die beiden Gangster verlieren zunehmend die Nerven und setzen damit eine Spirale der Gewalt in Gang, die in einer Katastrophe endet…

Heftige Filmkunst

Es gibt Filme, bei denen spürst Du von Anfang an, dass sie besonders sind. Auch „Kidnapped“ ist so eine Art von Film, denn er übt mit seiner erstklassigen Kameraarbeit sofort eine regelrecht hypnotische Wirkung auf Dich aus. In der zehnminüten Anfangssequenz verfolgt die Kamera ohne Unterbrechung Jaimes Autofahrt vom Beifahrersitz aus, schwebt dann ins Haus, beobachtet Mutter und Tochter, folgt einem Möbelpacker zurück zum Vater, verfolgt wieder einen Möbelpacker zurück ins Wohnzimmer und so weiter und so fort. Dabei wackelt das Bild nicht etwa unkontrolliert durchs Haus, ganz im Gegenteil, jede Bewegung ist absolut auf dem Punkt, als würde man ein vollendetes Ballettstück von der Bühne aus betrachten (wenn man so was wollte, versteht sich). Der Gipfel des Ganzen ist, dass die Villa voller Spiegel und Fensterscheiben hängt, in denen sich die Darsteller ständig spiegeln, aber erstaunlicherweise nie die Filmcrew. Insgesamt zwölf solcher durchkomponierter Sequenzen ohne Schnitt bilden den gesamten Film, der später sogar noch im Splitscreen wilde Verfolgungsjagden durch mehrere Zimmer und Autounfälle vom Rücksitz aus zeigt. Wie viele Monate Autor und Regisseur Miguel Ángel Vivas an diesen Bewegungsabläufen gearbeitet haben muss, will man gar nicht wissen. Ein Geniestreich!

wohnzimmer
Diese besondere Kameraarbeit ist natürlich nicht nur optische Spielerei, sie dient vor allem einem perfiden Zweck: Während durch mehrere Kameraeinstellungen und Schnitten normalerweise die Distanz zu den Figuren gewahrt bleibt, bist Du bei „Kidnapped“ wie in einer Dokumentation mittendrin. Vor Dir liegt die Mutter wimmernd auf dem Boden, hinter Dir hörst Du die Tochter schreien, doch Du bist zur Untätigkeit verdammt, wirfst nur einen fast schon voyeuristischen Blick auf das Geschehen. Dieser dokumentarische Umgang mit dem Thema Gewalt hebt den Film sehr weit aus der Masse von „Folter-Pornos“ à la „Saw“ oder „Hostel“ heraus. Hier wird Gewalt nicht zur Belustigung von uns Zuschauern gezeigt. Hier wird gezeigt, wie dreckig und niederträchtig Gewalt ist. Das kommt aber nicht etwa mit erhobenem Zeigefinger daher, sondern ist durch seine kühle Inszenierung und den Darstellern, die sich den Teufel aus dem Leib spielen, ein ungewohnt drastisches Werk, das Dich fassungslos zurücklässt. Nicht umsonst gewann der Film den Hauptpreis in den Katogieren „Bester Film“ und „Beste Regie“ beim Austin Fantastic Fest, Amerikas größtes Filmfest für Genre-Filme.


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