Bis das Blut gefriert

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(The Haunting I Vor Schreck gebannt)

1964 I 107 Min I FSK 16

14 Jahre hat die angespannte Eleanor (Julie Harris) ihre kranke Mutter gepflegt. Nun ist diese tot und Eleanor frei. Sie ist fest davon überzeugt, dass einmal in ihrem Leben etwas passieren wird. Etwas, was ihr ganzes Leben verändert. Dieser Gedanke hält sie aufrecht. Und diesen Moment meint sie endlich für gekommen, als sie eine Einladung des Anthropologen Dr. John Markway erhält, um mit ihm und einer Gruppe Auserwählter ein als Spukhaus verdächtigtes Anwesen auf parapsychologische Vorkommnisse hin zu untersuchen und diese bei eventuellem Auftreten zu dokumentieren.


Allerdings so richtig frei ist Eleanor immer noch nicht. Sie hat keine eigene Wohnung, sondern schläft bei ihrer Schwester zur Miete im Wohnzimmer auf der Couch. Auch den neuen Wagen der Schwester hat sie zur Hälfte mitbezahlt. Von der Familie der Schwester wird Eleanor aber wie ein unmündiges Kind behandelt und diese denken gar nicht daran, ihre einträgliche Geldquelle an einen unbekannten Ort in die Ferien reisen zu lassen oder ihr gar das Auto zu borgen. So stiehlt sich die trotzig verzweifelte Eleanor eines Tages heimlich davon, setzt sich in das Auto und fährt los. Aus ihrer Vergangenheit direkt ins House on the Hill.


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Das Haus… es beobachtet Dich

Dort angekommen muss sie feststellen, dass die Gruppe neben ihr nur noch aus der telepathisch begabten Theodora (Claire Bloom) besteht. Alle anderen geladenen Expeditionsteilnehmer ließen sich von der Geschichte des Hauses abschrecken – und haben lieber abgesagt. Dazu kommen der Professor und der lebensfrohe Neffe der Besitzerin, der hofft, das ganze Anwesen eines Tages zu erben. Obwohl die düstere Atmosphäre des Hauses sie verängstigt, ist Eleanor noch zuversichtlich, hier Freunde zu finden und anschließend ein neues Leben zu beginnen.

Schon bald muss die kleine wissenschaftliche Gemeinschaft feststellen, dass mit dem Haus wirklich etwas nicht stimmt. Das Haus ist eine architektonische, exzentrische Entgleisung. Es gibt keine gerade Winkel und es „beobachtet sie“… Bereits in der ersten Nacht kommt es zu seltsamen Vorkommnissen. Unerklärliche Geräusche terrorisieren die beiden Frauen und etwas versucht, laut gegen die Tür wummernd in ihre Räume zu gelangen. (Und es ist nicht der lebensfrohe Neffe). In panischer Angst krallen die beiden Frauen sich aneinander fest. Während Theodora ihre Angst hinter gemeinen Sticheleien versteckt, stellt sich bald heraus, dass Eleanor besonders empfänglich für das böse Haus ist. Das Haus will sie. Und eines morgens steht mit Kreide an die Wände gemalt: „Hilfe, Eleanor komm nach Hause!“.

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Es gibt kein Entkommen

„Bis das Blut gefriert“ ist einer DER großen Klassiker des Geisterhausfilms, der auch heute noch zu beeindrucken weiß und sensiblen Gemütern durchaus das Fürchten lehren kann. Ein besonderer Trick ist, dass der Zuschauer Eleanors Gedanken hören kann. So wird er gnadenlos in ihre Welt und Ängste gezogen. Wie sie angespannte, geistige Monologe führt, sich selbst zu beruhigen versucht und dabei langsam in den Wahnsinn gleitet.

Bis-das-Blut-gefriert-FilmplakatUnd das Haus mit seinem düsteren, erdrückenden barocken Überschwang ist der perfekte Partner und Echo für diesen Geist. Saugt ihn förmlich aus und gibt ihn nie wieder her. Überall stehen Spiegel, die Bibliothek reicht vom Boden bis zur Decke. In ihr windet sich eine schmale, wackelige Wendeltreppe aus Metall, von der sich einst die letzte Bewohnerin des Hauses mit einem Strick um den Hals in die Tiefe stürzte. Das düstere, wirkungsvoll gesetzte Licht voller Schatten und kleiner Lichtpunkte machen das Haus zu einem bedrückendem Ort. Dabei verzichtet der Film (bis auf wenige Aufnahmen) auf Special Effects oder aufdringliche Geistererscheinungen und zieht stattdessen all die raffinierten Register, die eine furchteinflössende Geistergeschichte auszeichnet und die einem als Kind anschließend die ganze Nacht nicht schlafen lassen.

Immer wieder gibt es Szenen von bedrückend, grotesker Intensität, wie wenn Eleanor verträumt um die Statue des Hauserbauers tanzt. Als sie den Raum mit den anderen verlässt, zoomt die Kamera auf das steinerne Gesicht und ein befriedigender Ausdruck scheint auf ihm zu liegen.

Eleanor wird mit ihren unbewussten Schuldgefühlen, sie hätte den Tod ihrer pflegebedürftigen Mutter verschuldet, konfrontiert. Diese starb, als sie eine Nacht ihr nächtliches Klopfen nicht hörte. Auch die ehemalige Herrin des House on the Hill, Abigail (einer der coolsten und gruseligsten Namen überhaupt), verstarb, weil die Pflegekraft ihr Klopfen nicht hörte. Kein Wunder, daß Eleanor auf das Haus reagiert und dieses anscheinend auf sie.

Und da ahnt sie es vielleicht bereits. Dieses Haus am Haunted Hill IST tatsächlich das Ereignis, auf das sie lange Zeit gewartet hat. Jedoch wird es keine Befreiung bringen. Denn das Entkommen von hier ist nur der Tod.

Die Vorlage zum Film

Die Vorlage für die Verfilmung stammt von der exzentrischen, amerikanischen Schriftstellerin Shirley Jackson (1919 – 1965). Diese schreibt im Jahr 1959 den Roman „The Haunting of Hill House“ („Spuk im Hill House“). Das Buch wird ein großer Erfolg und bereits vier Jahre später verfilmt. Am bekanntesten ist Shirley Jackson jedoch für ihre frühe Kurzgeschichte „The Lottery“ („Die Lotterie“), welche 1948 im Magazin New Yorker erscheint und dort zu einem bisher ungekannten Ausmaß an Protesten und Beschwerdebriefen führt. Heute gehört die Geschichte zur klassischen amerikanischen Literatur und wird in der Schule behandelt. Sogar eine Balettfassung soll es davon geben.

Ihre Bücher (wie „The Haunting of Hill House“) bezeichnen zahlreiche Horror-Autoren wie Stephen King als eine der bedeutendsten Horror-Geschichten des 20. Jahrhunderts. Für ihre Kurzgeschichte „The Possibility of Evil“ erhält sie einige Monate nach ihrem frühem Tod posthum den Edgar Allan Poe Preis.

Die Neuerfilmung

Wie alle halbwegs tauglichen Klassiker des Genres, kommt auch „The Haunting“ nicht um eine Neuverfilmung herum. Diese erfolgt im Jahre 1999 und kann u.a. Catherine Zeta Jones in den Credits aufführen. Das Remake dient aber vor allem dazu, vorzuführen, was gerade der Stand der technischen Entwicklung ist. Ständig werden die Hausbesucher von computeranimierten Statuen angebrüllt, und das ganze Haus biegt, verformt und windet sich, als wäre in Schlumpfhausen gerade Erdbeben. Ein neuer Klassiker ist das Remake dann erwartungsgemäß auch nicht geworden.

Das angestaubte Original von 1964 kann einem aber immer noch das Fürchten lehren. Vorrausetzung ist jedoch, ein Minimum an Beleuchtung und eine maximale Personenanzahl von 2. Das Haus… es will Dich!

Trailer

Die Eröffnungssequenz in der die Geschichte des Hill House erzählt wird (deutsch)

Original-Trailer (englisch)

 


Text: A.Hartung

 

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