(The premature Burial)
1962 | 80 Min | FSK 16
Edgar Allan Poe – einflussreicher amerikanischer Schriftsteller, Großmeister der gotischen Schauergeschichte und Erfinder des Genres der Detektivgeschichte – war zu Lebzeiten von der schrecklichen Angst geplagt, lebendig begraben zu werden. Diese Angst spiegelt sich in mehreren seiner Erzählungen wider. Zum Beispiel im berühmten “Der Fall des Hauses Usher“ und natürlich in “Das vorzeitige Begräbnis“.
In dieser Erzählung von 1844 lässt Poe seine Phobie freien Lauf und schildert detailliert die Befürchtungen eines fast schon wahnhaften Mannes, eines Tages in Ohnmacht zu fallen und bei lebendigem Leibe verscharrt zu werden.
Berechtigte Angst oder unbegründete Phobie?
Eine Befürchtung, die zu Poes Zeiten noch gar nicht so unberechtigt war, wie das einem heutzutage erscheint und die besonders vom 7. – 19. Jahrhundert im Zeitalter der Aufklärung “populär“ war. Aus dieser Zeit stammen auch viele der Anekdoten von lebendig Begrabenen, die man bei diversen Umbettungen entdeckt haben will. Leichen, die mit aufgerissenen Augen und abgebrochenen Fingernägeln von Innen den Sargdeckel zerkratzen. Wie viele dieser Geschichten der Wahrheit entsprechen oder vielmehr als eine frühe Form der urbanen Legenden („Ich kenne da jemand, der jemanden kennt…“) betrachtet werden müssen, ist jedoch unklar. In Meyers Lexikon wurde am Ende des 19. Jahrhunderts zu diesem Thema vermerkt: „Die Erfahrung hat gelehrt, dass in den besteingerichteten Leichenhallen (München, Weimar) seit vielen Jahren und unter vielen tausend Fällen noch nie der Fall vorgekommen ist, dass ein dort deponierter Körper das geringste Lebenszeichen wieder von sich gegeben hätte.“
Ich bin nur scheintot
Immerhin war Poe mit seiner Angst in durchaus guter Gesellschaft. Hans Christian Andersen verfügte, dass ihm nach seinem Tod die Pulsadern geöffnet werden sollten. Zusätzlich soll er jede Nacht einen Zettel neben sein Bett gelegt haben auf dem zu lesen war „Ich bin nur scheintot“. In Österreich-Ungarn konnte man sogar offiziell den sogenannten Herzstich verfügen, bei dem ein Arzt dem (hoffentlich) Verstorbenen einen Dolch ins Herz stieß. Der berühmte österreichische Dichter Arthur Schnitzler soll das u.a. für sich verfügt haben. Andere gingen an das Thema lebensbejahender heran und ließen ihre Särge mit diversen Meldevorrichtungen ausstatten, bei denen man – im Falle eines Erwachens vom Tod – ein Signal mit einem Fähnchen geben konnte, welches sich über eine Ziehvorrichtung auf dem Grab aufrichten ließ. Noch im letzten Jahrhundert erfand man extra Sauerstoff-Gräber, die ein Überleben im Sarg für 72 Stunden (zumindest, was die Luft angeht) ermöglichte.
Poe beschreibt in seiner fiktiven Geschichte “Vorzeitiges Begräbnis“ alle Stationen der Phobie. Er beginnt mit der Aufzählung zahlreicher Fälle und beschreibt ausführlich die detaillierten und ausgeklügelten Vorsichtsmaßnahmen des Protagonisten, die ihm … natürlich alle nichts nützen. Auf einer nicht vermeidbaren Reise in die Fremde bekommt er einen Anfall einer chronischen Krankheit und wird von den nicht um die spezifischen Muster seiner Krankheit wissenden Einheimischen in einem fremden Grab verscharrt, wo er etwas später erwacht…
Verfilmung von Roger Corman
Von 1960 – 1965 verfilmte Regie- und Produzentenlegende Roger Corman zahlreiche von Poes Geschichten (teilweise kombiniert mit Lovecraft’schen Motiven). Nach dem Erfolg des visuell und farblich beeindruckenden “Der Fall des Hauses Usher“, folgte als dritter Streich (nach “Grube und Pendel“) die Verfilmung von “Das vorzeitige Begräbnis“ unter dem Titel “Lebendig begraben“.
Farbenprächtige Klaustrophobie
Da Poes Erzählung keinen Stoff für einen ganzen Langspielfilm hergibt, wurde die Geschichte von Drehbuchautor Charles Beaumont (u.a. Twilight Zone) erheblich umgearbeitet. Geblieben ist die manische Phobie vor dem lebendig begraben sein, die obskuren ausgefeilten Techniken diesem Schicksal zu entkommen und natürlich das Scheitern all dieser Versuche. Herausgekommen ist dabei ein kleines klaustrophobisches Kabinettstückchen des Schauerfilms. Eine manische Tour de Force für alle Liebhaber des klassischen Gruselkinos. Ewig wabert der Nebel über dem Boden. In einem einsam gelegenen, von verkrüppelten Bäumen umgebenen Herrenhaus verfällt der Hausherr langsam aber sicher dem Wahnsinn, während seine liebende Gattin … aber verraten wir nicht zu viel.
Allein die ausgeklügelte und gelungene Farbdramaturgie macht “Lebendig begraben“ zu einem wahren Augenschmaus. Geschickt weiß Roger Corman die Beschränkungen der Produktionsmittel zu nutzen und in einen ästhetischen und atmosphärischen Mehrwert zu verwandeln. Wer heutzutage nur noch lautstarkes Horrorallerlei („Alles mit dabei – Alles mit drin“) gewohnt ist, wird vermutlich anfangs etwas verwirrt auf die, fast manieristischen, symbolischen und übertrieben agierenden Darstellungen und Bilder der Cormanschen Poe-Verfilmungen reagieren. Aber wer sich darauf einlässt, kann für sich eine neue Welt des Horrors und Grusels (wieder)entdecken. Denn auch (oder gerade) Corman wusste, wie man eindrucksvolle Effekte erhascht. Nur bestanden diese nicht aus übertrieben drastischen Gewaltszenen, sondern aus Bildern und Motiven, die man sofort ins Sammelalbum des klassischen Horrors einkleben kann und von deren Motiven noch heute zahlreiche Gothic- und Psychobillybands (etc.) zehren
Trailer:
[…] Hinweise auf das Versteck, in dem Emily mit dem Tode ringt. Der Killer hat sie lebendig begraben. (Ein Schicksal, welches der reale Poe fast krankhaft fürchtete und in mehreren seiner Geschichten ve…) Es beginnt ein brutaler […]
das ist echt cool