Über vergiftete Süßigkeiten und andere urbane Legenden an Halloween

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Verriegel Deine Tür und schließ‘ die Kinder weg! Es ist Halloween! Die Bordsteine sind übersät mit röchelnden Schulkindern und im Wald hinter dem Haus schlachten Satanisten gerade die G-Jugend des städtischen Fußballvereins. Keine Sorge! Die Welt ist viel friedlicher, als es die Verschwörungstheoretiker gern hätten… Auch an Halloween

Unterstützt wird die Entstehung solcher urbanen Legenden durch vereinzelte tatsächliche Vorfälle, bei denen vergiftete Süßigkeiten an Kinder verteilt werden.

Vergiftete Süßigkeiten als Warnung

Seit Jahren und Jahrzehnten warnen Radio, Zeitungen und örtliche TV-Sender vor manipulierten Halloween-Süßigkeiten und empfehlen statt, den „gefährlichen“ Hausgängen lieber die sichere Halloween-Party daheim. Entgegen des öffentlichen Empfindens ist die Zahl tatsächlicher Vorfälle verschwindend gering. Ein Fall, in dem wahllos vergiftete Halloween-Süßigkeiten verteilt werden, ist bis heute nicht bekannt.

Vergiftete-Suessigkeiten-an-Halloween

Am nächsten kommt diesem Szenario der berühmte Fall der Helen Pfeil. Die Frau entschließt sich 1964, Kinder, die ihr zu alt für den Halloween-Gang erscheinen, mit ungenießbaren Geschenken abzustrafen. Darunter Hundebiscuits, Päckchen aus Stahlwolle, sowie mit Ameisengift versetzte Süßigkeiten. Um ganz sicher zu gehen, warnt sie jedoch die betroffenen Kinder bei der Übergabe und erklärt, dass es sich lediglich um einen Witz handle. Demzufolge wird auch niemand verletzt.

Ebenso bekannt, doch ungleich tragischer, ist der Tod des achtjährigen Thimothy Mark O‘ Brian, der Halloween 1974, an mit Zyanid vergifteten Süßigkeiten stirbt. Jedoch stellt sich schnell heraus, dass an dem Abend nachweislich keine der beim Trick-or-Treat-Zug angesteuerten Stationen, Süßigkeiten der vergifteten Marke verteilt hatte. Bei der polizeilichen Untersuchung kommt dagegen heraus, dass der Vater Ronald Clark O‘ Brian Tage vorher Zyanid gekauft und gemeinsam mit einem Nachbarn die Kindergruppe auf ihrem Heischgang begleitet hatte. Das Leben des Jungen ist auf eine hohe Geldsumme versichert. Um sich zu tarnen und die Tat als die eines sadistischen Irren hinzustellen, vergiftet er auch noch seine Tochter und drei weitere Kinder. Der Vater wird verhaftet und knapp zehn Jahre später, am 30. März 1984 hingerichtet. Gerne wird erzählt, es wäre der 30. Oktober 1984 gewesen.

Bereits 1970 an Halloween fällt in Detroit der fünfjährige Kevin Toston ins Koma und stirbt vier Tage später. Bei der Untersuchung seiner Halloween-Süßigkeiten, stellt sich heraus, dass sie mit Heroin besprenkelt sind. Im abschließenden (und in der Öffentlichkeit nicht so bekannten) Bericht der Polizei wird festgestellt, dass der Junge sich selbst mit dem Heroin seines Onkels vergiftet hatte. Um den abhängigen Onkel zu schützen, hatte die Familie anschließend die Süßigkeiten des Jungen mit Heroin versetzt.

Rasierklingen und Statanskulte an Halloween

Vergiftete Suessigkeiten an Halloween und andere urbane LegendenDie Stimmung an Halloween ist bald so sensibilisiert, dass viele Vorfälle schlicht auf  Verwechslung von Ursache und Wirkung beruhen. So stirbt 1990 die siebenjährige Ariel Katz während des Trick or Treat an einem angeborenem Herzfehler. Ebenso, wie der 31-jährige Kevin Cherry im Jahr 1991. Bis die Polizei die tatsächliche Todesursache durch eine Autopsie klären kann, riegelt sie ganze Stadtviertel ab. Panische Eltern vernichten reihenweise die süßen Mitbringsel ihrer Kinder.

So ist es nicht verwunderlich, dass viele der Vorfälle sich mittlerweile aus den eigenen urbanen Legenden heraus produzieren. Joe Bell, Professor für Soziologie erwähnt in einem Interview die Geschichte von dem Jungen, der mit einem halben, vergifteten kandierten Apfel zu seinen Eltern kommt. Später zeigt sich, dass der Junge die Legenden kennt und den Apfel selbst vergiftet hat.

Ähnlich beliebt wie Geschichten von Rasierklingen in Äpfeln und vergifteten Süßigkeiten, sind die Gerüchte über Satanskulte, welche für Halloween noch auf der Suche nach einem unschuldigen Opfer sind. Die Gerüchte beginnen in den 70er Jahren mit einer Reihe ungeklärter Viehmorde. Als dann auch noch im Frühjahr 1974 in Montana die Frau eines Geistlichen mit ihrem fünfjährigem Kind ermordet wird, verbreitet sich das Gerücht, die verantwortliche Satanssekte suche nun ein drittes Opfer, um es an Halloween in einer satanischen Messe zu töten. Die Polizei warnt daraufhin die Kinder, das Haus nicht mehr zu verlassen.

Der Teufel geht um

Eine Reihe ähnlicher Hysterien folgt. 1978 warnt ein Deputy nach einer erneuten Reihe von Viehtoden, dass das nächste Opfer des Satanskultes ein 13-jähriges, ungetauftes Mädchen sein würde. Als die Schulen die Warnung  weitergeben, kommt es zu einer Massenpanik. Über die Jahre verbreiten sich die Gerüchte und potenzieren sich. 1990 sollen es in Bloomington (Indiana) bereits über 100 Opfer sein, die dem Satanskult zum Opfer gefallen sind. Belegt ist jedoch kein einziger Fall.

Nichtsdestotrotz entfalten die Geschichten ihre Wirkung. Vor Halloween gibt es zahlreiche Ratgeber, wie man sich zu verhalten hat. Eltern haben ihre Kinder unbedingt zu begleiten. Selbstgemachte Süßigkeiten sind unter keinen Umständen anzunehmen, sondern nur original verpackte Industrieware. Große Süßigkeiten-Konzerne bringen extra sichere Halloween-Editionen ihrer Schokoriegel heraus. Mit den maskierten Kindern soll ein Codewort vereinbart werden, dass die Nachbarn wissen, welches Kind hinter der Maske steckt. An dieser Maßnahme sieht man, dass das Misstrauen auf Gegenseitigkeit zu beruhen scheint.

Halloween zu gefährlich für Kinder?

Trotz dieser Sicherheitsmaßnahmen ist der Trick or Treat-Heischzug in den USA auf dem Rückzug, da viele besorgte Eltern ihre Kinder gar nicht mehr losziehen lassen und lieber sichere Hauspartys feiern. Veronika Neumann schreibt in „Halloween – Das Wann, Wo und Wie“ sogar, dass eine amerikanische Mutter, die zu Besuch in Österreich ist, davon abrät dort Halloween einzuführen, da es für die Kinder viel zu gefährlich sei.

Seit der Freigabe von Mariuhana im us-amerikanischen Bundesstaat Colorado geht eine neue Angst um. Die vor mit Hasch bestrichenen Süßigkeiten.


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