Gibt es Zombie-Raben? – Fragen Sie Dr. Kürbis

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Die Frage:

Hallo Dr. Kürbis,

mein Name ist Equinox, und ich bin ein großer Fan von Raben und Zombies. Genau deshalb habe ich zwei Fragen:

1. Was passiert, wenn ein Rabe von einem Zombie gebissen wird? Stirbt er dann oder mutiert er zu einem Raben-Zombie? Kann er noch fliegen oder nur hüpfen? Isst er dann auch Menschen oder auch andere Vögel?

2. Die zweite Frage bezieht sich auf den Raben an sich. Ich weiß ein wenig darüber, dass er als Hexentier verschrien ist und in manchen Kulturen als Todesbote gilt. Doch was hat das mit der Mythologie des Raben an sich zu tun?

Liebe Grüße

Equinox

 


Die Antwort:

Dr-Kuerbis-2Lieber Equinox!

Das sind zwei sehr spannende Fragen! Ich habe mich in den vergangenen Tagen ins Kürbis-Archiv zurückgezogen und so viel wie möglich zu diesem Thema zusammengesucht. Betrachten wir zunächst die Rolle des Raben in der Mythologie und widmen uns dann anschließend der Zombie-Frage! Folgendes habe ich herausgefunden:

Clevere Gauner – weise Götterboten

Es stimmt, dass Raben bei uns als böses Omen und Hexentiere einen schlechten Ruf haben. Aber das war nicht immer so! In den Mythen vieler Völker spielen sie eine wichtige, teils positive, teils neutrale Rolle. Das ist auch eigentlich kein Wunder, denn Raben sind die intelligentesten Vögel der Welt. Manche Wissenschaftler vergleichen ihre Intelligenz mit der von Menschenaffen und Delfinen! Das zeigt sich unter anderem darin, dass sie sehr lernfähig sind, Werkzeuge benutzen und mehrschrittige Pläne schmieden können – zum Beispiel legen sie gezielt Nüsse auf die Fahrbahn, solange eine Ampel rot ist, um sie von den Autos knacken zu lassen. Solche Tricks schauen sie sich voneinander ab und verbreiten sie auf diese Weise in der Raben-Welt. Sie können gezähmt werden und erkennen einzelne Menschen an ihren Gesichtern. Ihre krächzenden Rufe sind sehr komplex, und viele Forscher nehmen an, dass sie mit ihrer Hilfe miteinander kommunizieren.

The Two Ravens - Public DomainGrand Canyon Raven at Hopi Point 0081 - Foto Grand Canyon NPS - CC BY 2.0Odin mit seinen Raben - Public Domain

Alles in allem sind Raben also sehr kluge, lernfähige und trickreiche Tiere. Das dürfte ein Hauptgrund dafür sein, dass sie in vielen Kulturen als Ausbund von Weisheit oder zumindest raffinierter Schläue gelten. In den Mythen der australischen Aborigines z. B. spielt der Rabe die Rolle des smarten Schlitzohrs, das durch List auch viel stärkere Gegner bezwingt. Die alten Griechen hielten die schwarzen Vögel für Boten des Göttervaters Apollon. In der altnordischen Mythologie verhält es sich genauso: Die beiden Raben „Hugin“ und „Munin“, deren Namen „Gedanke“ und „Erinnerung“ bedeuten, sitzen auf den Schultern Odins und dienen ihm als Boten und Späher. Auch in alten Märchen aus Europa sind Raben ganz klar die Guten: Sie helfen verirrten Reisenden und geben den Helden hilfreiche Ratschläge. Der hinduistische Gott Shani reitet auf einem riesigen Raben.

Ravens' Duet - Foto Ron Mead - CC BY 2.0Shani reitet auf seiner Krähe - Public Domain

Geistervögel aus dem Jenseits

Auf der anderen Seite überrascht es auch nicht, dass Raben bei manchen Menschen Unbehagen auslösen. Ihre schwarze Farbe und die krächzenden Rufe machen sie deutlich weniger niedlich als, sagen wir mal, eine Blaumeise. Und: Raben sind Allesfresser, die sich auch gerne mal an Aas laben. Sie übernehmen damit eine ähnliche Rolle wie in anderen Regionen Geier und Schakale: Tote Tiere und Menschen, die nicht schnell beerdigt werden, ziehen Raben in großen Scharen an – und so waren große Ansammlungen dieser Vögel für die Menschen schon früh ein Zeichen für Tod und großes Unheil.Illustration zu Edgar Allan Poes Der Rabe - Public Domain

In der irischen Mythologie sind Raben die Begleiter von Morrigan, der Göttin des Krieges und des Todes. Im Koran gibt es eine Variante der biblischen Geschichte von Kain und Abel, in der Kain von einem Raben lernt, wie er die Leiche seines Bruders vergraben muss, damit Gott ihn nicht erwischt. Der schwedische Volksglaube hält Raben für die Seelen von ermordeten Menschen. In neuzeitlichen Erzählungen wie „The Raven“ von Edgar Allan Poe, in der der Rabe die Rolle eines Boten aus dem Jenseits spielt, ist diese Tradition erhalten geblieben.

Ob Götterboten oder Todessymbole – der rote Faden ist deutlich: In fast allen Kulturen wird Raben ein guter Draht ins Jenseits bzw. in die Sphäre der Geister und Götter nachgesagt. Doch wie kam die Verbindung zu den europäischen Hexen zustande?

Hexentiere und schlechte Omen

Magic Circle 1886 - Public DomainDie Antwort findet sich im Umgang der christlichen Missionare mit „heidnischen“ Ideen. Im Kampf gegen „unchristlichen Aberglauben“ fuhren die Missionare oft die Strategie: „Wenn wir den Leuten den Glauben nicht austreiben können, interpretieren wir ihn eben zum Teufelswerk um.“ So wurde z. B. aus den griechischen Satyrn – gehörnten Kreaturen, die für Sinnesfreuden und Rausch standen – die mittelalterliche Teufelsgestalt „Satan“. („Satyrn“„Satan“ – schon mal aufgefallen?) Und die weisen, kräuterkundigen Heilerinnen und Seherinnen der germanisch-keltischen Kulturen wurden zu Hexen erklärt – denn wer ohne christlichen Glauben Wunder wirken konnte, musste schließlich mit dem Teufel im Bunde stehen!

Ebenjene Heilerinnen waren in der nordischen Tradition schon immer mit Raben in Verbindung gebracht worden, denn diese galten ja als Verbindungstiere zu Odin und der Sphäre der alten Götter. Folgerichtig erklärten die Christen die schwarzen Vögel zu Abgesandten des Teufels, die den Hexen bei ihren Schandtaten halfen. Aus dieser Interpretation entwickelte sich mit der Zeit ein eigener Volksaberglaube: Bauern brachen die Ernte ab und flohen, wenn große Rabenschwärme auftauchten, und wenn ein Rabe dreimal über ein Haus flog, so glaubte man, dann müsse in der Nacht einer der Bewohner sterben. Seinen schlechten Ruf verdankt der Rabe in unseren Breiten also den christlichen Missionaren!

Und die Zombie-Raben?

ZombieJetzt kommen wir endlich zu Deiner ersten Frage: Können Raben zu Zombies werden, wenn sie von einem Zombie gebissen werden oder – als Aasfresser – versehentlich von einem Infizierten naschen? Diese Frage ist letztlich eine medizinisch-biologische, denn Zombies werden ja bekanntlich zu hirnfressenden Untoten, weil sie mit einem fiesen, mutierten Virus infiziert wurden. Aus wissenschaftlicher Perspektive sieht es so aus: Viren und Bakterien können durchaus bei verschiedenen Spezies die gleichen Wirkungen haben. Die Tollwut, die ja in vielen Zombie-Szenarien ein heißer Kandidat für die Krankheit ist, die durch Mutation zum Zombie-Virus wird, kann Tiere und Menschen gleichermaßen befallen – ein Biss genügt. Allerdings hat die Übertragbarkeit Grenzen: Tollwut kann zwar Menschen und die meisten Säugetiere befallen – Vögel, Echsen, Fische, Insekten usw. sind aber immun. Generell gilt die Faustregel: Je entfernter das Verwandtschaftsverhältnis zwischen zwei Lebewesen ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Krankheit bei beiden zum Ausbruch kommen kann. Und Raben sind stammesgeschichtlich sehr weit von uns weg. Zombie-Raben sind also eine sehr unwahrscheinliche Geschichte.

Das bedeutet aber nicht, dass Raben nicht zu Überträgern einer Zombie-Seuche werden könnten! Im Gegenteil: Als Aasfresser, die sich an den vielen herumliegenden Toten und Untoten, die es im Laufe eines Zombie-Outbreaks zwangsläufig gibt, gütlich tun würden, wären Raben vermutlich sehr schnell voll mit Zombie-Viren, die ihnen aber nichts anhaben könnten. Wenn die Zombie-Seuche kommt, sollte man sich von ihnen also fernhalten – und wenn der Hunger noch so groß ist, erlegt um Gottes Willen in der Zombie-Apokalypse keine Raben zum Grillen – sonst könnt Ihr Euch infizieren!

One Crow Left of a Murder - Foto mark sebastian - CC BY-SA 2.0„Unwahrscheinlich“ bedeutet aber nicht „unmöglich“. Manche Erreger sind so flexibel, dass sie bei unterschiedlichsten Wirten wirksam werden können – in solchen Fällen spricht man von „Zoonose“. Man denke z.B. an die Vogelgrippe! Sollte sich ein Zombie-Virus entwickeln, das die Spezies-Barriere überschreiten kann, dann sind Zombie-Raben denkbar. Nach allem, was wir über Zombies wissen, würde ein Zombie-Rabe durchaus noch fliegen können, denn normale, alltägliche Bewegungsabläufe bekommen Infizierte ja noch hin – menschliche Zombies können schließlich auch noch laufen und kauen. Zombifizierte Raben würden vermutlich alles Lebendige angreifen – keine schöne Vorstellung bei den fiesen Schnäbeln dieser Tiere. Menschen, Tiere und eben auch andere Raben wären vor einem Zombie-Raben nicht sicher. Man stelle sich nur mal vor, wie sich ein untoter Rabenschwarm krächzend, pickend und ohne Rücksicht auf Verluste auf ein Grüppchen Überlebende stürzt … Brrrr!

Raben würden in einer Welt voller Zombies also ihrem Ruf als Todesboten und Vermittler zwischen Diesseits und Jenseits sehr gerecht!

Fazit

Raben sind faszinierende, kluge Vögel, und sie haben definitiv etwas Magisches an sich. Den schlechten Ruf als Unglücksboten haben sie nicht verdient, denn sie sind weder gut noch böse. Zombie-Raben würden wir vermutlich auch im Laufe einer Zombie-Seuche nicht zu Gesicht bekommen, aber dennoch sollten wir uns in diesem Falle tatsächlich von den schwarzen Vögeln als potenzielle Überträger fernhalten. Und im Falle eines Zoonose-fähigen Zombie-Virus kann man nur sagen: Dann gnade uns Gott, denn Zombie-Raben wären echt fiese Gegner!

Dein Dr. Kürbis


Du hast auch eine Frage an Dr. Kürbis? Dann schreibe eine Mail an: frage@halloween.de


 

 

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1 Kommentar

  1. […] Fragen Sie Dr. Kürbis – Teil 32: Gibt es eigentlich Zombie-Raben? | Halloween Das Horror- und Gruselmagazin für Freizeit-Zombies ist auf den ersten Blick eine weitere Seite im Netz, die sich mit dem Thema Zombies beschäftigt, entsprechende TV-Serien rezensiert und gleich die passenden Kostüme und Schminkutensilien vetreibt. Doch auf den zweiten Blick steckt unheimlich viel Information unter der Haube des Magazins, so bietet die Rubrik „Fragen Sie Dr. Kürbis“ gut recherchierte Artikel für die Fragen des Zombie-Alltags. Der Besucher „Equinox“ möchte wissen, ob es Zombie-Raben geben kann und erhält einen ausgezeichneten Exkurs in Hexen-Tieren und Zombie-Wahrscheinlichkeit: „Diese Frage ist letztlich eine medizinisch-biologische, denn Zombies werden ja bekanntlich zu hirnfressenden Untoten, weil sie mit einem fiesen, mutierten Virus infiziert wurden. Aus wissenschaftlicher Perspektive sieht es so aus: Viren und Bakterien können durchaus bei verschiedenen Spezies die gleichen Wirkungen haben. Die Tollwut, die ja in vielen Zombie-Szenarien ein heißer Kandidat für die Krankheit ist, die durch Mutation zum Zombie-Virus wird, kann Tiere und Menschen gleichermaßen befallen – ein Biss genügt. Allerdings hat die Übertragbarkeit Grenzen: Tollwut kann zwar Menschen und die meisten Säugetiere befallen – Vögel, Echsen, Fische, Insekten usw. sind aber immun. Generell gilt die Faustregel: Je entfernter das Verwandtschaftsverhältnis zwischen zwei Lebewesen ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Krankheit bei beiden zum Ausbruch kommen kann. Und Raben sind stammesgeschichtlich sehr weit von uns weg. Zombie-Raben sind also eine sehr unwahrscheinliche Geschichte.„ […]

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