„Ein bisschen Diebsgelüst, ein bisschen Rammelei. So spukt mir schon durch alle Glieder die herrliche Walpurgisnacht.“
… so spricht nicht der Kürbiskönig anlässlich der anstehenden Feierei, sondern Goethes ist’s, der hier dem Mephistoteles in „Faust I“ diese Worte in den Mund legt. Und so soll es sein! Die Nacht auf den ersten Mai ist kein Volksfest, dass in Verbindung mit erhöhtem Konsum von Alkohol steht – na gut, das auch – es ist auch die Feier des Hexensabbats, der ausschweifenden Gelüste und generell ein Fest der Fruchtbarkeit. So sieht’s aus!
Der Name ist der heiligen Walburga zuschulden, die im 8. Jahrhundert aus dem englischen Wessex kommend, im heidnischen Süddeutschland eifrig ihre christliche Mission betrieb. Allerdings hat die Schutzpatronin der Wöchnerinnen, Bauern und Haustiere und Kämpferin gegen Pest und Husten nicht sonderlich viel mit diesem Fest zu schaffen – es ist lediglich ihr Tag im Heiligenkalender. Vielmehr ist es der antike und später mittelalterliche Volksglaube, der verstärkte Hexenumtriebe vor dem Beginn des Monats Mai vermutet. An den vorangehenden Tagen wurden daher verstärkt die Glocken zum Schutz gegen die Hexen geläutet, das sogenannte „walpern“. Das, was Goethe später populär machte, saß also schon fest im Volksglauben verankert. Adelung notiert in seinem Wörterbuch von 1786: „Da sich das Jahr bey den Deutschen so wohl, als den übrigen Europäischen Völkern, in den ältesten Zeiten mit dem ersten May anfing, so ist der in Ansehung der Walpurgis-Nacht bey dem großen Haufen noch herrschende Aberglaube vermuthlich ein Überrest davon, und der bey dem Jahreswechsel ehedem üblichem Gebräuche.“ Soll heißen: Das Volk hat mal wieder einen Grund gefunden, ausführlichst zu zechen.
Da die Übergänge in eine neue Periode gewohnheitsmäßig mit viel Tamtam begangen werden, vergnügen sich die Hexen einerseits mit lustigen Dingen auf dem Blocksberg/Brocken, während die christlich-heidnische Mischtradition eine Verquickung aus Hexenbann und Fruchtbarkeitsfest zelebriert. Beiderseits mit gar urigen Späßen. „Den nehesten Tag vor Philippi Jacobi [gemeint ist der 1. Mai] zu Abend pflegen Zeuberer viel Teuffeley zu uben / damit sie die Leute viel beleidigen“, so Johannes Coler im Jahr 1603, derweil besagte Leute mitunter rituelle Liebesakte auf ihren Feldern vollführten, damit ihre Fruchtbarkeit auf den Boden übergeht. Im Wendland hatten sie gar „Brautsteine“ genannte Monolithen, über die in der Walpurgisnacht Mädchen mit entblößten Genitalien rutschten, um sich dabei ihren Liebhaber zu wünschen. Macht man heute vermutlich nicht mehr so… Der Kürbiskönig, schon immer ein Freund althergebrachter Traditionen, merkt gerade an, dass er schön länger nicht mehr im Wendland gewesen sei und dort mal schleunigst nach dem Rechten sehen müsse.
Was auch immer Du für eine „Teuffeley'“ im Sinn hast – wir wünschen Dir eine schrecklich-schöne Walpurgisnacht!