Schluss mit lustig: „Evil Dead“ ab heute im Kino!

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Für Kinofans sind Remakes in der Regel ein Grund zur Trauer, wurden sie doch meist als profane Gelddruckmaschinen konzipiert, die selten an das Original heranreichen. Die Neuverfilmung von “Tanz der Teufel” ist dagegen ein echter Grund zur Freude. Vom ursprünglichen Regisseur persönlich in Auftrag gegeben, schockiert sie den Kinozuschauer mit einer schonungslosen Splatter-Orgie vom Allerfeinsten. Wir erzählen die Geschichte dieses (von Manchen zu Unrecht verkannten) Meilensteins.

1978 dreht der 19-jährige Regisseur Sam Raimi („Spiderman„-Trilogie, „Die fantastische Welt von Oz„) mit seinem Kumpel Bruce Campbell für knapp 1600 Dollar einen Kurzfilm, in dem zwei Pärchen ein Wochenende in einer einsamen Waldhütte verbringen und dort von einer unsichtbaren Kraft terrorisiert werden. Der Film heißt “Within the Woods” und ist, gelinde gesagt, von zweifelhafter Qualität (siehe unten). Doch er enthält bereits viele Elemente, die Raimis späteres Werk zum Kultstatus erheben: Kamerafahrten aus den Augen der bösen Macht, besessene Personen mit fiesem Make-up, abgetrennte Körperteile, sichtlich übertriebene Gewalt und unverhältnismäßige Blutfontänen.Obwohl kaum ein Investor von diesem billig produzierten Film wirklich begeistert ist und Raimi regelrecht um sein Geld betteln muss, bekommt er innerhalb von vier Jahren die unglaubliche Summe von 350.000 Dollar zusammen. Nun kann er seinen Film endlich in Spielfilmlänge auf die Leinwand bringen.

Klappe, die Zweite

Die vier Jahre verbringt Sam Raimi nicht nur mit Sammeln von Geld, er besucht außerdem zusammen mit Hauptdarsteller Bruce Campbell sämtliche Horrorfilm-Vorstellungen der örtlichen Kinos. Ihr Fazit: “Schaut man sich die Reaktionen der Zuschauer an, waren diejenigen Filme am effektivsten, die am schonungslosesten vorgingen. Also lautete unser Beschluss: Wir gehen bis zum Äußersten.” Unter dem Arbeitstitel “Book of the Dead” (benannt nach einer Geschichte von H.P. Lovecraft), wiederholt der Film die Story von der Waldhütte, der unsichtbaren Macht und der grotesken Gewalt durch besessene Personen. Dank deutlich höherem Budget entsteht ein überraschend heftiges Werk, das noch heute als bester Horrorfilm aller Zeiten gilt. Über Beziehungen läuft der Film 1982 sogar auf dem renommierten Filmfestival von Cannes, wo er durchweg positiv aufgenommen wird. Nachdem sogar Horror-Guru Stephen King persönlich ein überschwängliches Review über den Film schreibt, findet der inzwischen in “The Evil Dead” umbenannte Film schnell einen Verleih und spielt satte 2,5 Millionen Dollar ein.

Keine Einladung zum Tanz

“The Evil Dead” zeichnet sich nicht nur durch seine überzogen-trashige Gewalt aus, er ist auch künstlerisch sehr hochwertig. Die wahnwitzigen Kamerafahrten, die schwindelerregenden Schwenks und die innovativen Ton- und Lichteffekte führen dazu, dass sich sogar der angesehene Kunstfilm-Verleih Prokino für den Film interessiert, und ihn hierzulande als “Tanz der Teufel” veröffentlicht. Obwohl der Film von der FSK als unbedenklich eingestuft wird und ungeschnitten in den Kinos läuft, wird er bald das Opfer einer hysterischen Kampagne. Politiker aller Parteien zürnen gegen den aktuellen Videoboom im Allgemeinen und Horrorfilme im Speziellen, was von der Boulevardpresse genüsslich ausgeschlachtet wird. Die damals erschienene Titelgeschichte “Horror-Video: Blutrausch im Kinderzimmer” des Spiegel-Magazins fasst die Ereignisse jener Zeit anschaulich zusammen. Die BPjS indizierte den Film und setzte ihn auf den Index, wo er – erstaunlicherweise – noch heute zu finden ist. Deshalb erhältst Du „Tanz der Teufel“ in Deutschland nur in geschnittener Version.

Klappe, die Dritte

Fast alle europäischen Länder reagieren extrem dünnhäutig auf den Film, abgesehen von Frankreich, wo er ab 12(!) Jahren freigeben ist. Raimi antwortet auf diese Hetzkamapgne, indem er 1987 die Geschichte mit der Hütte im Wald ein drittes Mal mit Kumpel Bruce dreht. Diesmal überhöht er allerdings die Gewalt ins comichafte und fügt regelrechte Slapstick-Einlagen hinzu. Etwa wenn Hauptperson Ash von seiner abgetrennten Hand mit Tellern beworfen wird oder sämtliche Möbelstücke in sein wahnsinniges Lachen mit einstimmen. “Evil Dead 2” macht Bruce Campbell als Ash Williams endgültig zum König des B-Movies. In Deutschland erschien “Tanz der Teufel 2 – Jetzt wird noch mehr getanzt” (Schauder) zwar erst geschnitten im Kino, durfte dann aber ohne Eingriffe auf Video veröffentlicht werden.

Klappe, die Vierte

1992 gibt es eine erste richtige Fortsetzung der dreimal verfilmten Geschichte: In “Armee der Finsternis” erzählt Raimi die Abenteuer von Ash in einer mittelalterlichen Parallelwelt. Dann vergehen fast 20 Jahre, in denen es sehr ruhig um “The Evil Dead” wird und Fans vergeblich auf einen weiteren Teil warten. 2011 wird der Regisseur auf den talentierten Filmemacher Fede Alvarez aufmerksam und bietet ihm an, das Remake seines Kultfilms zu inszenieren. Die Geschichte mit der Hütte im Wald wird damit zum vierten Mal verfilmt, jedoch zum ersten Mal ohne Bruce Campbell in der Hauptrolle, der diesmal ganz am Ende seinen Auftritt hat.

Der junge Filmemacher hat seine Arbeit hervorragend erledigt: Alvarez’ Neuverfilmung ist ein knallharter Reißer, der extrem düster, humorlos und schockierend explizit daherkommt. Während das Vorbild bei uns immer noch auf dem Index steht, darf das Remake ungeschnitten in den deutschen Kinos laufen, obwohl es das Original wie einen Disney-Film aussehen lässt. Da säbeln sich die Darsteller das halbe Gesicht mit einer Spiegelscherbe weg, spalten sich die Zunge mit einem Teppichcutter und entfernen sich den Arm mit einem Tranchiermesser. Dass die Macher aus Respekt vor der Vorlage komplett auf digitale Tricks verzichten, macht das Ganze nur noch unerträglicher. Die amerikanischen Genre-Fans sind voll des Lobes und ab heute darfst Du in den Lobgesang lauthals mit einstimmen.

Trailer „Evil Dead“ (ab 18!)

Kurzfilm „Within the Woods“


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