Golem – Monster der Welt

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Aussehen:

Der Golem wird gemeinhin beschrieben als aus Ton geformtes Wesen, das nach menschlichem Vorbild modelliert wurde. Je nach Handwerkskunst oder Intention des Erschaffers sind also zwischen grobschlächtigen Ungetümen und wunderschönen, an den David von Michelangelo erinnernde, Wesen viele Möglichkeiten denkbar.

Einzelne Golems können sich in Form, Farbe und Größe zwar stark unterscheiden, gemeinhin wird eine Größe von ca. drei Ellen (ca. 160-210 cm) angegeben.

Laut Clemens Brentano und Jacob Grimm kann der Golem aber mit erstaunlicher Geschwindigkeit wachsen, so dass er nach wenigen Tagen groß genug würde, das Dach von einem Haus zu heben.

 


Heimat des Golem:

Die Heimat des bekanntesten Golem ist Prag, wo die Erschaffung des Prager Golems dem Rabbi Judah Löw zugeschrieben wird. Weitere Golem-Geschichten spielen in Polen, der Ukraine und anderen Regionen Europas.
Heimat des Golem




Hintergrundgeschichte:

Die genauen Hintergründe der Legende vom Golem verlieren sich im Dunst der Geschichte. Die älteste schriftliche Quelle stammt aus einem kabbalistischenText aus dem 12. Jahrhundert, der sich mit Gottes Schöpfung befasst und ein Ritual beschreibt, nach dem es mithilfe der 10 Urziffern (Sephiroth) und der 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets möglich sein soll, tote Materie zu beleben.

Im Talmud wird die Erschaffung Adams aus einem formlosen Brocken beschrieben. Daher können Golems nur durch Menschen erschaffen werden, die Gott besonders nahe stehen, denn nur ihnen hat er seine Weisheit in ausreichendem Maße mitgeteilt. Die Erschaffung eines Golems reicht jedoch keineswegs an die Schöpfung des Menschen durch Gott heran, deshalb ist der Golem im Allgemeinen z.B. nicht in der Lage zu sprechen oder komplizierte, geistige Arbeiten zu verrichten.

Neben komplizierten kabbalistischen Ritualen und Formeln spielt ein Stück Papier eine wichtige Rolle beim Bau eines Golems. Der Name Gottes auf Papier, unter die Zunge gelegt, in den Kopf eingearbeitet oder auf die Stirn geheftet, sorgt nämlich erst für die Belebung der Kreatur. Eine Entfernung des Zettels zerstört den Golem oder schaltet ihn aus.

Alternativ ist das sogenannte „Siegel der Wahrheit“ wichtig, eine Tafel oder eine Inschrift auf der Stirn, die das hebräische Wort für Wahrheit (אמת-emet) zeigt. Wird der erste Buchstabe entfernt bleibt nur noch met (מת) stehen, was Tod bedeutet und den Golem sofort vernichtet oder deaktiviert.

„[…]ist es leicht für ihn, sie wieder zu töten; denn er darf nur das An von dem Worte Anmanth auf ihrer Stirne verlöschen, damit nur die Silbe Manth bleibt, welche Tod bedeutet, worauf sie wieder zu Lehm zerfallen.“

…Clemens Brentano „Erklärung der sogenannten Golem in der Rabbinistischen Kabbala“

Viele Autoren geben als zentrale Motivation für die Erschaffung eines Golems die andauernde Gefahr an, in der Juden im Europa der vergangenen Jahrhunderte ständig schwebten. Von einer zutiefst antisemitisch eingestellten Gesellschaft umgeben, sehnten sich Einige nach einem starken Beschützer, einer Kreatur von unvergleichlicher Kraft und Ausdauer. So war z.B. der Bestimmungszweck des Prager Golems, die nächtliche Stadt zu durchstreifen und Jeden aufzuhalten, der eine Last oder ein Paket mit sich trug. Zu dieser Zeit wurden die Juden häufig des Kindesmordes beschuldigt, da sie angeblich das Kinderblut für Rituale benötigten. Der Golem kontrollierte daher jeden Lastenträger, ob er nicht eine Kinderleiche mit sich führte, um diese den Juden unterzuschieben.

Weiterhin wird beschrieben, sei der Golem als Diener erschaffen worden, um all die Arbeiten zu verrichten, die sein Herr nicht verrichten konnte, durfte oder wollte. Allerdings sollten die Befehle an einen Golem sehr bedacht formuliert sein. Ein Golem soll, als er den Befehl bekam, Wasser ins Haus zu tragen, während die Dame des Hauses den Markt besuchte, wiederholt so viel Wasser ins Haus getragen haben, dass das alte Gebäude dabei schwer beschädigt wurde. Es empfielt sich also, genau zu spezifizieren, wie viel erledigt werden soll und wann der Golem seine Arbeit ggfs. einzustellen hat.


Opfer des Golem:

Tatsächliche Todesopfer eines Golems sind nicht überliefert. Es soll aber einen Golem-Erschaffer gegeben haben, der den rasanten Wuchs seiner Kreatur unterschätzte und irgendwann die Stirn des Golems nicht mehr erreichen konnte, um die Schriftzeichen zu entfernen. Also befahl er der Kreatur, ihm die Schuhe zu binden, woraufin der Koloss auf die Knie fiel und tat wie ihm geheißen war. Der Erbauer entfernte die Schrift von des Golems Stirn, nur um sogleich von der nun leblosen, haushohen Lehmmasse begraben und erdrückt zu werden.

Allerdings sei angemerkt, dass ein Golem jeden Befehl seines Meisters ausführen wird. Im Falle von „Töte XY“ hast Du also schlagartig einen Feind, der intelligent und schnell vorgeht, nicht ruht und nicht rastet bis er Deiner habhaft geworden ist.


Taktik:

Die Intelligenz des Golems richtet sich nach der Intelligenz mit der ihm befohlen wurde. Erhält er eine Anweisung, die schlau ausformuliert, was zu tun und was zu lassen ist, kann der Golem durchaus menschenähnlich verschlagen und schlau handeln. Strategien und Taktiken variieren daher stark und können nicht eingegrenzt werden.


Abwehr eines Golem:

Einen Golem abzuwehren ist schwierig. Er ist schnell, er ist stark, ausdauernd und widerstandsfähig. Von einigen Golems wird berichtet, dass sie sich selbst in Windeseile wieder instand setzten. Die einzige sichere Art, einen Golem auszuschalten oder zu vernichten besteht darin, die oben beschriebenen Buchstaben von seiner Stirn zu löschen oder den Zettel mit dem Namen Gottes aus Mund oder Kopf zu entfernen. Die Erfolgsaussichten sind bei einem so wehrhaften Gegner allerdings arg begrenzt. Ohne Teamwork und/oder großkalibrige Argumentationshilfen ist es sehr angebracht, erst einmal die Beine in die Hand zu nehmen und sich eine Strategie zu überlegen.


Sonstiges:

Fantasyfans verstehen unter dem Begriff des Golem allgemein ein großes, magisches Konstrukt aus ursprünglich unbelebter Materie.

Je nach Material werden diese Wesen auch Steingolem, Eisengolem, Kristallgolem, … bezeichnet. Ihnen allen gemeinsam ist ihre furchterregende Stärke und große Widerstandsfähigkeit gegen jede Art von Schaden.

Weiterführende Literatur:

  • Klaus Völker: Künstliche Menschen, ISBN 3518387936, suhrkamp 1994
  • Kafkaesk: Die Golemsage
  • Humboldt Gesellschaft – Alexander Wöll: Der Golem
  • YUThora Online: Golem of Prague – Fact or Fiction

Schrecklevel: 10 von 13

Die Vorstellung, einen (oder, die Götter mögen’s verhindern, mehrere) Golem(s) mit üblen Absichten an den eigenen Fersen kleben zu haben ist eine wahrhaft schauerliche. Dein Gegner ist schlau, er ermüdet nicht, er muss nicht essen, und egal was Du ihm vor den Latz knallst – er kommt immer weiter auf Dich zu. Dem Golem ist es egal, ob die Jagd auf Dich zwei Minuten oder zweiundzwanzig Jahre dauert: Irgendwann hat er Dich und dann ist’s aus.



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2 Kommentare

  1. Ein gutes Buch, in dem die Geschichte des Golems von Rabbi Löw aufgegriffen wird, ist der Schattenesser von Kai Meyer.

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