Nun beginnt sie wieder. Für eingefleischte Halloween-Fans ist die sogenannte fünfte Jahreszeit meist etwas zu bunt, zu konfettilastig und es gibt viel zu wenig Blut oder abgetrennte Gliedmaßen. Dabei beinhaltet auch die Karnevalssaison allerhand groteske Riten und schauerliche Gestalten, auf die man ruhig mal sein untotes Auge werfen kann.
Ursprünglich entstand der Karneval, Fasching oder auch Fastnacht, aus dem Grund, um vor dem Beginn der österlichen Fastenzeit noch einmal ordentlich zu feiern. Alle Lebensmittel, die verderblich waren und in der Fastenzeit nicht verzerrt werden durften, mussten noch verbraucht werden, bevor die vierzigtägige Fastenzeit vor Ostern in Kraft trat.
Ein Esel als Bischof?
Diese Tage wurden gerne genutzt, um einmal ordentlich über die Stränge zu schlagen und etwas verkehrte Welt zu spielen. Ähnlich wie bei den römischen Saturnalien, wurden die Rollen vertauscht. Das galt besonders für die kirchlichen Angestellten, welche für diese Tage (meist um den 6. Januar) die Rollen ihrer Vorgesetzten übernahmen und so für kurze Zeit dem strengen Sittenreglement und der Hierarchie ihres Standes entkommen konnten. Das ging soweit, dass während der sogenannten Eselsmesse die kirchliche Liturgie mit erotisch anzüglichen Texten parodiert wurde. Die Messe hielt ein „Ehrwürdige Abt Pater Esel“, welcher aus den Chormitgliedern gewählt wurde und 24 Stunden herrschte. Die Teilnehmer trugen dabei oft Tierkostüme oder waren als Dirnen verkleidet. Während der Messe tanzten sie und sangen anzügliche Lieder. Der Segen des Narrenbischofs wurde von den Teilnehmern mit Tierlauten beantwortet. Auf dem Altar wurden Würste gegessen.
Wer schmeißt denn da mit Kot?
Anscheinend kam es nicht selten vor, dass die Priester sich nach der Eselsmesse entkleideten und nackend auf der Kirchentreppe tanzten. Oder sie ließen sich auf einem Karren durch die Stadt fahren, um die Passanten mit Exkrementen zu bewerfen.
Die kirchliche Obrigkeit war natürlich nur mäßig begeistert, schaffte es aber nicht, dem Treiben Einhalt zu gebieten oder in gesittete Bahnen zu lenken. Aber auch mancher Bürger war nur mäßig von einem nackten, mit Kot werfenden Geistlichen begeistert. Einhalt gebieten konnten sie dem wilden Treiben dennoch nicht. Im Gegenteil. In vielen Kirchen war man stolz auf seine anarchische Eselsnacht. Im “Der Glöckner von Notre Dame“ ist solch eine Eselsmesse beschrieben.
Allerdings brauchten die Bürger sich gar nicht so aufzuregen, wussten doch auch sie die letzten Tage vor der entbehrungsreichen Fastenzeit exzessiv zu nutzen. Aus dem hochmittelalterlichen Speyer sind Beschwerden über ausufernde Übergriffe im Rahmen der Fastnascht auf die Geistlichen des Doms überliefert. (Jedoch nicht, ob die Geistlichen die Bürger vorher mit Scheiße beworfen haben). Überhaupt geben vor allem Beschwerden und Verbotsanträge heute Auskunft über das wilde Treiben und den Mummenschanz in der mittelalterlichen Fastnacht. Alkohol wurde schon damals reichlich ausgeschenkt. Sogar so reichlich, dass der Kölner Bischof seinen Klerikern den Ausschank von Alkohol untersagte. Hat natürlich alles nichts genutzt. Mit Trommeln und Trompeten ist man durch die Stadt gezogen. Dabei soll es nicht nur einmal zu Exzessen aller Art gekommen sein, an dem auch Geistliche beteiligt waren. 1699 wurde sogar ein Stadtsoldat von einem Karnevalisten erstochen.
Teufel, Fastnachtshexen und wilde Männer auf dem Umzug
Erst der Siegeszug der Reformation konnte dem wilden Treiben ein (vorläufiges) Ende bereiten.
Denn mit ihr verlor die Fastenzeit und damit auch die Fastnacht an Bedeutung. Ausserdem wurde sie zunehmend als überholt und unfein wahrgenommen. Erst das erstarkende Bürgertum widmete sich wieder vermehrt dem karnevalistischen Treiben. Daraus entstand der Rheinische Karneval, wie wir ihn heute kennen. Die alten Fastnachtsbräuche gerieten jedoch weiter zunehmend in Vergessenheit.
Nur in einigen regionalen Rückzugsorten existierten sie weiter. Erst ab dem 19. Jahrhundert erfolgte eine Rückbesinnung. Vor allem in den südwestdeutschen Gebieten hatte man keine Lust mehr, sich von den bürgerlichen Jecken vorschreiben zu lassen, wie man die Fastnacht begeht und kehrte, auch um sich abzugrenzen, zunehmend zu den alten Bräuchen und Figuren zurück.
Was bedeutet – keine fröhlichen Umzüge mit Clowns und Funkenmariechen. Stattdessen bevölkern Teufel, Hexen, wilde Männer, wie der Federahannes und Strohbären die Straßen. Sie ziehen im sogenannten Narrensprung (wie vielerorten der Karnevalsumzug heißt) durch die Straßen. Die wilden Männer stehen wie die Strohbären für Unheil und für den Teufel. Sie verdeutlichen die wilde Zeit, welche mit dem Aschermittwoch in die Fastenzeit übergeht. Im Gegensatz dazu steht diese für Reinigung und für das Reich Gottes.
Regional Bericht über den Narrensprung in Rottweil
Aufnahmen von diversen Fasnetumzügen mit tollen gruseligen Masken, Hexen, Teufel, Wassergeister
Beeindruckend ist auch die Fastnacht in Basel. Vor allem der Auftakt in der Nacht zu Montagmorgen. Um 4.00 Uhr morgens (!) werden alle Lichter der Stadt gelöscht und nur die prachtvollen Laternen der Fastnachtgruppen erleuchten die Stadt. Ein beeindruckender Anblick.
Der Morgenstraich in Basel
In den nächsten Tagen ziehen dann die Gruppen in ihren aufsehenerregend lustig-grotesken Kostümierungen durch die Stadt. Von den betrunkenen nackten Geistlichen, die mit Kot werfen, hat man jedoch nicht wieder gehört. Und das ist vermutlich auch besser so.
[…] das nicht automatisch so sein muss, haben wir schon neulich gezeigt, als wir die dunkle Seite des Karnevals beleuchteten. Nun muss man natürlich nicht unbedingt in einem altehrwürdigen Karnevalsverein […]